Welchen dieser Wege geht der Brexit nach der Abstimmung?
Nach zwei Jahren Verhandlungen soll Grossbritannien im März aus der EU austreten. Wahrscheinlich strebt London jedoch eine Fristverlängerung an.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Dienstag stimmt das britische Parlament über Theresa Mays Brexit-Deal mit der EU ab.
- Wird er angenommen, steht dem EU-Ausstritt Grossbritanniens nichts mehr im Weg.
- Bei einem Nein kommt es aber wohl zu einem harten Brexit oder einer Fristverlängerung.
Am 23. Juni 2016 beschloss das britische Stimmvolk aus der EU austreten zu wollen. Kurz darauf trat David Cameron als Premierminister zurück und Theresa May übernahm das Ruder. Ein Jahr darauf verliert diese mit den Tories die Parlaments-Mehrheit. Wieder ein Jahr später beginnt die Krise: Minister springen ab, Mays Unterstützung für ihren Brexit-Deal bricht weg. Zuletzt musste sie sich einem Misstrauensvotum in der eigenen Partei stellen.
Die alles entscheidende Abstimmung im Parlament
Heute Dienstag stimmt das Parlament in London darüber ab, ob es den von Theresa May mit der EU ausgehandelten Brexit-Deal annehmen will. Die Abstimmung sollte ursprünglich am 11. Dezember stattfinden, May hatte diese aber verschoben, weil sie eine Niederlage fürchtete. Für Nachverhandlungen zeigte sich die EU aber nicht bereit. Für May geht es damit heute – einmal mehr – um alles oder nichts.
Szenario I: Ja
Die unwahrscheinliche Variante wäre die von May und der EU erwünschte: Das Parlament gibt dem Deal grünes Licht und GB tritt geordnet aus der EU aus. May braucht 320 der 650 Stimmen.
Szenario II: Nein
Sagt das Parlament nein, hat die Regierung drei Tage Zeit einen Plan B zu präsentieren. Danach soll es zu einer Verlängerung der Übergangsphase kommen. Diese ist möglich, falls alle EU-Staaten dieser zustimmen – gemäss Artikel 50 des EU-Vertrages. Doch: Im Juni beginnt die Europawahl, dann muss GB ausgetreten sein – oder an der Wahl teilnehmen.
Szenario II: Nein – Fristverlängerung
Gibt es Neuverhandlungen, geht der ganze Prozess von vorne los. Lehnt die EU Nachverhandlungen ab, was sie bereits im November und Dezember durchblicken liess, bleiben die folgenden drei Szenarien.
Szenario II: Nein – Neuwahlen
Das Parlament neu zu wählen, könnte May unter Umständen als sinnvolle Option erscheinen, um aus er verzwickten Situation rauszukommen. Neuwahlen kann die Premierministerin jedoch nicht selbst ansetzen, sie braucht zwei Drittel der Abgeordneten-Stimmen. Klappt dies nicht, bliebe nur einer der anderen Wege.
Zu Neuwahlen kann es aber auch kommen, wenn es zu einem Misstrauensvotum kommt. Ein Partei-internes hat May am 12. Dezember überstanden, diesmal wäre es eine Abstimmung des gesamten Parlaments über die ganze Regierung. Die Opposition kann ein Misstrauensvotum verlangen, was Labour-Chef Jeremy Corbyn bereits angekündigt hat. Verliert May, wird danach eine neue Regierung gebildet – was nicht so einfach wäre – und alle Optionen sind theoretisch wieder offen. Auch wenn May gewinnt: Es braucht in jedem Fall eine Fristverlängerung.
Szenario II: Nein – Zweites Referendum
Für ein zweites Referendum dürfte die Frist nicht mehr reichen. In jedem Fall müsste das Parlament eine solche Abstimmung anordnen. Und definieren wer abstimmen darf und worüber. Die Optionen dürften sein: No Deal, No-Deal-Brexit oder Brexit-Deal. Gemäss Urteil des Europäischen Gerichtshofs können die Briten den Brexit gar einseitig zurücknehmen, ohne OK von Brüssel.
Szenario II: Nein – No Deal
Wird keine andere Massnahme ergriffen, kommt es zum No-Deal-Brexit. GB verlässt die EU am 29. März ohne ein Abkommen, was für Industrie und Handel beider Seiten schwere Folgen hätte.
Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass das Parlament den Brexit-Deal abschmettert und Theresa May um eine Fristverlängerung bittet. Deadline dürfte Ende Juni 2019 sein, wenn die Europawahlen losgehen.