Wird Selenskyjs Schweiz-Reise jetzt wegen Sicherheitslecks abgesagt?
Das Wichtigste in Kürze
- Die geplante Schweiz-Reise von Wolodymyr Selenskyj ist wegen Sicherheitslecks in Gefahr.
- Eigentlich plante die Ukraine eine diplomatische Offensive am Rande des WEF 2024 in Davos.
- Die Sicherheitslecks werfen ein schlechtes Licht auf die guten Dienste der Schweiz.
Im Kontext des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos plant die Ukraine eine diplomatische Offensive. Sie sucht breite Unterstützung im dritten Jahr ihres Krieges. Ein Besuch von Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde unter strengster Geheimhaltung in Bern organisiert.
Als im Februar 2022 Raketen auf Kiew fielen, blieb Selenskyj in der Stadt und erklärte: «Ich brauche Munition, kein Taxi!». Damit scheiterte der Kreml bereits am ersten Tag daran, die demokratisch gewählte Regierung der Ukraine durch russische Marionetten zu ersetzen. Doch seither ist Selenskyj eine der gefährdetsten Personen weltweit.
Aus Sicherheitsgründen werden seine Auslandsreisen – wenn überhaupt – nur kurzfristig angekündigt. So war es auch mit seinem möglichen Besuch in der Schweiz nächste Woche geplant: Der ukrainische Präsident sollte als Überraschungsgast beim WEF auftreten und eventuell einen Abstecher nach Bern machen.
Konferenz zur Friedensformel für die Ukraine
Am Montag veröffentlichten die «Tamedia»-Portale diese Nachricht, gestützt auf mehrere Quellen. Weder das Aussendepartement (EDA) noch die ukrainische Botschaft kommentierten die Recherche. Der Besuch bleibt weiterhin streng geheim.
Es sei möglich, dass die Reise wegen der Lecks abgesagt werde, berichtet heute die «NZZ» . Zudem können sich Selenskyjs Pläne aufgrund der militärischen Lage jederzeit ändern.
Bereits Mitte Dezember zeichnete sich ab, dass die Ukraine das WEF nutzen will, um im dritten Kriegsjahr Unterstützung zu erhalten. Selenskyj kündigte über die Nachrichtenplattform X an, dass die nächste Gesprächsrunde zur ukrainischen Friedensformel in der Schweiz stattfinden würde.
Diplomatie auf dünnem Eis
Tatsächlich ist für den 14. Januar, einen Tag vor dem Beginn des WEF-Jahrestreffens, eine Konferenz über Selenskyjs Zehn-Punkte-Plan vorgesehen: Wie könnte ein gerechter Frieden aussehen? Themen wie Sicherheit von Kernkraftwerken und Freilassung aller Kriegsgefangenen stehen ganz oben auf der Agenda.
Aber auch zentrale Punkte wie Abzug aller russischen Truppen und Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine sind Teil des Plans.
Schweizer Neutralität unter Beschuss
Die Schweiz hat sich kürzlich einer Kerngruppe von Ländern angeschlossen, die einen Sondergerichtshof aufbauen soll. Dieser soll den Angriffskrieg als Verbrechen untersuchen und verurteilen. Damit könnte auch die oberste Führung Russlands – einschliesslich Präsident Wladimir Putin – zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Schweiz nutzt ihren neutralitätspolitischen Spielraum, um die Ukraine effektiv zu unterstützen. Und das, ohne das streng interpretierte Neutralitätsrecht zu verletzen. Ähnlich ist es mit den Lugano-Prinzipien für den Wiederaufbau, welche die Schweiz massgeblich mitgestaltet hat.
Das Ende der Sorglosigkeit
Trotzdem bewegt sich die Schweizer Diplomatie auf dünnem Eis: Die Neutralität ist zur Hypothek geworden. Die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer verstehen nicht, warum die Schweiz militärisch nicht klar zwischen Angreifer und Verteidiger unterscheidet.
Begrüssen Sie den Besuch von Wolodymyr Selenskyj am Rande des WEF?
Die «NZZ» ist überzeugt: Dass Selenskyj Reisepläne eine Woche vor der Reise öffentlich wurden, wiegt schwer für ein Land wie die Schweiz. Schliesslich möchte sich die Eidgenossenschaft gerne als Standort für Friedensgespräche empfehlen. Diskretion sollte neben Sicherheit das oberste Gebot sein.