Kanton Bern schaltet heimlich alle Impfgruppen ab 18 frei
In Bern können urplötzlich alle Registrierten Impftermine buchen. Offiziell kommuniziert wurde zunächst nichts. Bei Nau.ch erklärt der Kanton das Chaos.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Kanton Bern wurden urplötzlich Impftermine für die breite Bevölkerung aufgeschaltet.
- In der Nacht zu Mittwoch wurden Termine für sämtliche Impfgruppen ab 18 freigeschaltet.
- Der Kanton hat erst heute Mittwoch kommuniziert.
Ein Kanton nach dem anderen öffnet seine Impfzentren für die breite Bevölkerung. Im Kanton Waadt etwa können seit rund einer Woche auch gesunde 18-Jährige einen Pieks buchen.
Verschwiegen zeigte sich bis anhin der Kanton Bern. Dieser öffnete nach und nach Impfgruppen, die beiden grossen Gruppen «M» (50 bis 64-jährige) sowie «N» (der grosse «Rest» der Bevölkerung ab 18 Jahren) mussten sich gedulden.
Am Dienstagabend dann die grosse Überraschung: Erste Personen aus der Impfgruppe N können Termine buchen!
Nach und nach machten Meldungen die Runde, wonach alle Impfgruppen freigegeben seien.
Am Mittwochmorgen dann das grosse Überraschungsei: Im ganzen Kanton waren Termine für alle Gruppen buchbar! Und das noch vor der offiziellen Kommunikation der Behörden.
Plötzlich Termine in Interlaken verfügbar – in der Nacht überall
In Interlaken, Burgdorf oder Biel war es um 7 Uhr herum möglich, beide Impftermine zu buchen. Eine Panne oder wirklich Tatsache?
«Ja, wir haben in der Nacht die Termine für sämtliche Impfgruppen aufgeschaltet», bestätigt Gundekar Giebel, Sprecher der Gesundheitsdirektion am Morgen gegenüber Nau.ch. Das werde die Direktion heute noch offiziell kommunizieren.
Doch warum so plötzlich, ohne Vorwarnung? «Es gab Überschneidungen mit den Hausarzt- und Impfpraxen, welche bereits die restlichen Impfgruppen versorgen konnten.»
Kurz vor 9 Uhr geht dann die offizielle Kommunikation raus. Die beiden neuen Impfgruppen M und N würden 160'000 Impfwillige umfassen, schreibt er Kanton. Die Impfgruppe R (16 - 17 Jahre) ist noch nicht freigegeben.
Kanton erklärt chaotische Imfgruppen-Freigabe
So oder so gingen die Impftermine weg wie warme Weggli. Bereits kurz nach 8 Uhr waren fast sämtliche Termine belegt, teilweise konnte nur noch ein Termin angewählt werden.
Denn frei wurden lediglich die «nicht nachgefragten Dosen der vorgestern frei gegebenen 13 000 Impfdosen», erklärt Giebel auf erneute Nachfrage von Nau.ch.
Dass schon in der Nacht und am frühen Morgen Termine frei waren, liege am System. Da der Kanton gestern Abend mit der Umstellung auf die neuen Gruppen begonnen hat, waren also die «übrigen Termine» dieser 13'000 bereits für alle ab 18 verfügbar.
«Einige waren offenbar sehr schnell, wir waren selber überrascht», so der verblüffte Sprecher der Gesundheitsdirektion. «Es zeigt aber erfreulicherweise, wie hoch die Impfbereitschaft ist.»
Ab 20 Uhr wird der Kanton weitere 10'000 Termine laufend aufschalten. Doch es gibt eine weitere Möglichkeit, verrät Giebel. «Man kann sich auch bei Hausarztpraxen und Impfpraxen erkunden, die haben verhältnismässig viele Impfdosen erhalten.» Alleine diese Woche seien es 25'000 Dosen.
Zwar müssen sich Impfwillige auch dort via Webseite des Kantons anmelden, können ihren Termin dann aber direkt bei einem der 350 Hausärzte buchen.
Doch warum müssen sich Teenies ab 16 Jahren noch gedulden? «Es fehlt eine Empfehlung des BAG, wann diese freigeschaltet werden soll», begründet Giebel. So oder so handle es sich aber um eine sehr kleine Gruppe, «die kommen dann schon noch dran». Wie viele Impfwillige sich unter den 16- und 17-Jährigen befinden, erfasse die Statistik nicht.
Teilweise nur ein Termin buchbar
Auf Twitter bestätigten am Dienstagabend schon mehrere Berner, dass sie sich einen Termin ergattern konnten. Möglich war das offenbar zunächst nur in Interlaken und teilweise in Tavannes.
Mehrere Quellen in der Impfgruppe «N» bestätigen, dass sie beim Einloggen ins System die Meldung erhielten, dass die Impfgruppe freigegeben sei.
In der Realität klappte die Buchung dann aber in den meisten Fällen offenbar nicht. Eine junge Bernerin berichtet, sie habe zwar einen ersten Termin in Interlaken über Auffahrt anwählen können, jedoch keine Möglichkeit gehabt, einen zweiten zu buchen. So erging es offenbar vielen.
Sicher ist: Dass der grosse Kanton alle Gruppen öffnet, ohne den 50-64-Jährigen (Gruppe M) ein gewisses Vorrecht einzuräumen, überrascht.
Wann gibt Zürich grünes Licht?
Unter Zugzwang gerät nun der Kanton Zürich, der die Berner Technik übernommen hat. Allzu lange dürten aber auch Zürcher nicht auf den Pieks warten müssen.
Übers Wochenende wurden dem Bundesamt für Gesundheit hunderttausende Dosen geliefert. Rund eine Million Dosen warten im Land auf die Verimpfung.