Baselbieter Asylstrategie: Höchste Gemeindevertreterin ist irritiert
VBLG-Präsidentin Regula Meschberger stört, dass sich der Kanton mit der neuen Lösung im Asylbereich so schwertut.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Mittwoch hat der Kanton Baselland im Asylbereich neue Beschlüsse getätigt.
- Diese irritieren die höchste Gemeindevertreterin, Regula Meschberger.
- Sie wundert sich, warum der Kanton sich mit einer neuen Lösung schwertut.
«Ich war überrascht», sagt Regula Meschberger. Noch bis Ende Jahr ist sie Präsidentin des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) und damit höchste Gemeindevertreterin. Die 72-jährige Sozialdemokratin hat ein halbes Jahrhundert politische Erfahrung, war Parteipräsidentin, Landrätin und Gemeinderätin in Birsfelden.
Sie kennt die Sorgen und Herausforderungen in der untersten Staatsebene genau. Im Asylbereich steht diese am Anschlag. «Wir schaffen diese Zahl nicht mehr alleine als Gemeinden.»
Auf Anfrage von «OnlineReports» nimmt Meschberger Stellung zum Beschluss der Baselbieter Regierung vom Mittwoch. Der Kanton teilte mit, dass er «keine andere Wahl» habe und weitere Aufnahmeplätze für Flüchtlinge schaffen müsse. Er rechnet mit 800 weiteren Asylsuchenden in den kommenden sechs Monaten.
Deshalb baut er die bestehenden Erstaufnahme-Zentren im früheren Spital Laufen und in einer Zivilschutzanlage in Pratteln aus. Doch der Widerwille der Regierung kommt deutlich zum Ausdruck: «Es darf hier keine schleichende Verlagerung von Aufgaben der Gemeinden auf den Kanton stattfinden.»
Tatsächlich nimmt die Baselbieter Gesetzgebung im Asylbereich vor allem die Gemeinden in die Verantwortung. Längerfristig müsse das System überdacht werden, findet Meschberger. Doch um das gehe es heute noch nicht: «Wir haben eine ausserordentliche Situation, nun sind ausserordentliche Massnahmen nötig.»
Sie sieht deshalb nicht ein, wieso die Regierung sich mit der neuen Lösung so schwertut und unter anderem schon heute für das Asylzentrum Laufen eine Frist bis Ende 2026 setzt, obwohl die künftige Nutzung des Gebäudes noch nicht bestimmt ist. «Wir wissen nicht, wie sich der Krieg in der Ukraine und andere Krisen entwickeln.»
«Dass dies funktioniert, ist nicht realistisch»
Mit der neuen Regelung bleiben die Asylsuchenden nun länger in den kantonalen Strukturen und werden dort auch besser betreut. Das schulische und gesundheitliche Angebot wird ausgebaut, ebenso die Förder- und Beschäftigungsangebote.
Dafür aber verstärkt der Kanton den Druck auf die Gemeinden und weist ihnen die Flüchtlinge unabhängig davon zu, wie viele Unterkünfte diese vorgängig gemeldet haben.
«Dass dies funktioniert, ist nicht realistisch», winkt Meschberger ab. Sie wünscht sich, dass der Kanton sich das erste halbe Jahr um die neuen, vom Bund zugewiesenen Asylsuchenden kümmert, bevor er sie an die Gemeinden weitergibt. «Wir Gemeinden sind froh, wenn wir mehr Zeit haben.»
In der «bz Basel» vom Donnerstag sagt Fabian Dinkel, Leiter des kantonalen Sozialamts, dass er neu mit einer Aufenthaltsdauer in den kantonalen Strukturen von zwei bis sechs Monaten rechne. Ursprünglich sei man von zwei bis vier Wochen ausgegangen.
Auf Mietkosten sitzengeblieben
Das Problem ist schon länger bekannt: Die wenigsten Gemeinden können den Verteilschlüssel erfüllen und die vorgegebene Zahl an Asylsuchenden aufnehmen. Dass sie vielmehr nicht wollten, statt nicht könnten, stellt Meschberger in Abrede: «Es ist einfach schwierig, geeignete Unterkünfte zu finden, vor allem kurzfristig.»
Auch wenn für Leistungen im Asylbereich Bundesgelder zur Verfügung stehen, sei die Belastung gross. Meschberger erzählt von Gemeinden, die Liegenschaften angemietet hatten, dann aber doch weniger Flüchtlinge als erwartet zugewiesen bekamen. Und auf den Mietkosten sitzenblieben. Oder von einer Roma-Familie mit mehreren Kindern, die weitergereist ist, nachdem eine Gemeinde für sie extra das schulische Angebot ausgebaut hatte.
Zusammenarbeit gefragt
Für Meschberger ist die jetzige Lösung mit stärkeren kantonalen Strukturen stimmig. Der Austausch mit Sozialamt-Chef Fabian Dinkel sei gut und konstruktiv. Sie möchte die Gemeinden und den Kanton an einen Tisch holen, um neue Lösungen zu finden.
Auch die Gemeinden müssten ihren Teil beitragen und zusammenarbeiten. Schon heute schliessen sich Gemeinden zusammen und bringen die zugewiesenen Flüchtlinge in gemeinsamen Strukturen unter. «Das müssen wir in Zukunft noch mehr machen.»
In ihrer Mitteilung vom Mittwoch hat die Regierung wenig Spielraum zugestanden und einen bestimmten Ton angeschlagen. Doch solange keine Lösung vorliegt, hat sie wohl «keine andere Wahl», als sich auf weitere Diskussionen einzustellen.
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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.