Patricia Bernet: Keine digitalen Medien bis vier Jahre
Im Gastbeitrag spricht SP-Kantonsrätin Patricia Bernet über die negativen Auswirkungen von Smartphone und Tablet auf Kleinkinder und will mehr medienfreie Zeit.
Das Wichtigste in Kürze
- Smartphone und Tablet können sich negativ auf die Entwicklung von Kindern auswirken.
- Kleinkinder bis vier Jahren benötigen keine Bildschirmzeit.
- Eltern sollten sich bewusst Zeit für ihre Kinder nehmen.
Beim Eintritt in den Kindergarten stellen Kinderärzt*innen, Logopäd*innen und Lehrpersonen fest, dass immer mehr Kinder Sprach- und Entwicklungsverzögerungen sowie -störungen haben.
Viele Kleinkinder sprechen ihre Muttersprache nicht – dafür kennen sie einige englische Begriffe. Sie haben Schwierigkeiten zu spielen, sich zu konzentrieren und sich in Gruppen einzugliedern. Einige haben noch nie einen Stift oder eine Schere in der Hand gehalten.
Zudem scheinen manche Kinder noch nie auf unebenem Untergrund gespielt zu haben, sind nicht auf etwas hinaufgeklettert oder haben nicht gelernt von einer Erhöhung herabzuspringen. Einige wurden hauptsächlich im Kinderwagen durch die Welt geschoben.
Smartphones beeinträchtigen Bindung von Kindern und Eltern
Obwohl Eltern heutzutage einem Überfluss an Informationen ausgesetzt sind, mangelt es ihnen teils an Empathie, Intuition und dem Wissen um die Bedürfnisse der Kinder.
Smartphones spielen in der Erziehung eine zentrale Rolle, die sich auf zweierlei Weise manifestiert: Erstens, wenn Eltern in ihre Smartphones vertieft sind, anstatt mit ihren Kindern zu kommunizieren und mit ihnen zu spielen; und zweitens, wenn sie ihren Kindern Bildschirme vorhalten.
Beide Verhaltensweisen haben schwerwiegende negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. Eltern, die ihre Aufmerksamkeit auf das Smartphone richten, sind für ihre Kinder emotional nicht mehr erreichbar. Allein die Präsenz des Gerätes führt zu einer Verminderung sowohl der Häufigkeit als auch der Qualität der Gespräche. Dies beeinträchtigt die Bindung zwischen Eltern und Kindern erheblich, obwohl gerade eine stabile Bindung die Grundlage für eine gesunde Entwicklung ist.
Wenn Kinder selbst am Gerät sind, sind sie passiv und bewegen sich nicht. Es ist aber von entscheidender Bedeutung, dass Kinder sich bewegen, mit anderen Kindern spielen, kommunizieren und ihre Umgebung aktiv erkunden – das genaue Gegenteil dessen, was ein Smartphone oder Tablet ihnen bietet.
Kleinkinder benötigen keine Bildschirmzeit
Es ist von grosser Bedeutung, die Eltern über die negativen Auswirkungen der Bildschirmnutzung– sowohl ihrer eigenen als auch der ihrer Kleinkinder – zu sensibilisieren.
Für eine gesunde Entwicklung benötigen Kleinkinder bis zum Alter von vier Jahren keinerlei Bildschirmzeit; stattdessen sind sie auf die Aufmerksamkeit ihrer Eltern sowie auf zahlreiche und vielfältige Spiel- und Lernmöglichkeiten angewiesen.
Auch wenn es möglicherweise unangenehm ist und anfänglich in Frage gestellt werden könnte: Schalten Sie beim Smartphone den Flugmodus ein, verstauen Sie es in einer Schublade und nehmen Sie sich bewusst Zeit für Ihr Kind.
Haben Sie trotzdem Zweifel? Dann stellen Sie sich die Frage: Was ist mir wichtiger: mein Smartphone oder mein Kind?
Kinder lernen aus der Interaktion mit den Eltern
Alle Eltern streben danach, das Beste für ihre Kinder zu erreichen. Sie wünschen sich, dass ihre Kinder angesehen und beliebt sind und eine gute Bildung erlangen. Für diese Ziele benötigen sie jedoch keine Bildschirmzeit.
Vielmehr lernen Kinder alles Wesentliche durch die Interaktion mit anderen Kindern und ihren Eltern, vor allem beim Spielen.
Alles, was Kinder zum Wachsen brauchen, ist kostenlos und dennoch von unschätzbarem Wert: Liebe, Zuneigung, Aufmerksamkeit, echte Präsenz sowie die Möglichkeit, drinnen oder in der Natur mit anderen Kindern zu spielen.
Gönnen Sie sich und Ihren Kindern medienfreie Zeit!
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Zur Autorin: Patricia Bernet (*1971) ist Primarschulpräsidentin für Uster und SP-Kantonsrätin.