Politiker gibt Freiburgern Schuld an Berner Abfall-Debakel
Immer wieder quellen die Entsorgungsstellen der Stadt Bern über. Zuständige Stadtparlamentarier sind sich einig: Es handle sich um ein bekanntes Problem.

Das Wichtigste in Kürze
- Kürzlich veröffentlichte Bilder von überquellenden Entsorgungsstellen werfen Fragen auf.
- Zuständige Stadtparlamentarier sind sich einig: Es handle sich um ein bekanntes Problem.
- Die Lösungsvorschläge reichen von Sensibilisierungskampagnen bis hin zur Videoüberwachung.
Die Schweiz gilt als eines der saubersten Länder der Welt – wenigstens in Sachen Abfallentsorgung. Kürzlich publizierte Bilder von Entsorgungsstellen hinterlassen allerdings einen gänzlich anderen Eindruck: überquellende Abfalleimer an mehreren Orten, reihenweise Säcke mit Recyclingmaterial neben den Sammelstellen. Insbesondere über die Feiertage sei es schlimm, so Anwohner.
Die zuständigen Stadtparlamentarier sind sich einig, dass es sich um ein bekanntes Problem handle. Stadtrat Maurice Lindgren von der Grünliberalen Partei ist überzeugt: Auch wenn derzeit kein Geschäft zur Thematik auf der Traktandenliste stehe, sei die Müllentsorgung regelmässig Gegenstand der Diskussionen.
Punktuelles Problem um die Feiertage?
Der zukünftige Vorsitzende der Kommission für Planung, Verkehr und Stadtgrün betont gleich zu Beginn: Die Abfallentsorgung in Bern funktioniere relativ gut. Gleichzeitig räumt der Grünliberale ein, dass es vornehmlich an Sonn- und Feiertagen zu periodischen Engpässen an den städtischen Entsorgungsstellen komme.
Dem pflichtet auch Katharina Gallizzi von der Jungen Alternative bei. Beide Stadtparlamentarier sind aber überzeugt, dass regelmässigere Leerungen mit der derzeitigen Infrastruktur nur schwer umsetzbar wären. Auch Janosch Weyermann von der SVP bezweifelt, dass man das Problem mit vermehrten Reinigungstouren in den Griff bekommen könne.

An dieser Stelle gibt Lindgren zu bedenken: Entsorgung & Recycling Stadt Bern (ERB) «arbeitet höchst professionell – die werden nicht zig Kranwagen einfach herumstehen haben.» Längerfristig könne aber das geplante Farbsack Trennsystem Abhilfe schaffen – dann werde sich die Belastung besser verteilen. Nebst Kehricht, Papier und Karton können auch PET-Getränkeflaschen, Glas, Dosen und Kunststoff künftig direkt vor der Haustür entsorgt werden.
Sensibilisierungskampagne könnte Abhilfe schaffen
Gallizi und Lindgren sehen den Ursprung des Problems primär in der Kommunikation. Die Politikerin erklärt: «Die Weihnachtstage stellen einen jährlichen Höhepunkt im anfallenden Müll dar.» Aufgrund von ferienbedingten Personalengpässen und Leerungs-Verboten über die Feiertage komme es deshalb regelmässig zu überfüllten Containern.
Sie würde deshalb eine Sensibilisierungskampagne vorschlagen. So könnten die Leute vorzeitig darauf aufmerksam gemacht werden, dass es um die Feiertage zu Engpässen kommen könnte. Lindgren ist einverstanden: Er glaubt, dass bereits eine deutlichere Beschilderung an den Entsorgungsstellen dem Problem begegnen könne.

In diesem Punkt ziehen die zuständigen Stadtparlamentarier an einem Strick: Auch Janosch Weyermann würde sich wünschen, dass die Leute im Falle von überquellenden Containern ihren Müll nicht einfach stehen lassen. Stattdessen solle man mit der Entsorgung zuwarten oder allenfalls auf eine andere Entsorgungsstelle in der näheren Umgebung ausweichen.
«Entsorgungstourismus» als Problem?
Für den SVP-Politiker beschränkt sich das Problem jedoch nicht nur auf die Festtage: Er verweist darauf, dass scheinbar viele Leute glaubten, sie könnten «ihren halben Haushalt» direkt im Quartier entsorgen. Das neue Farbsack-Trennsysytem alleine werde den erhofften Effekt nicht erzielen. Weyermann hält eine Videoüberwachung der Sammelstellen deshalb für eine adäquate Lösung, um dem Problem zu begegnen.

Ferner plädiert Weyermann für einen regelmässig patrouillierenden Sicherheitsdienst, der die Kompetenz hat, nötigenfalls auch Bussen zu verteilen. Nur auf diese Weise könne der sogenannte «Entsorgungstourismus» unterbunden werden: «Heute entsorgen nämlich viele Auswärtige, teils sogar mit Autokennzeichen aus dem Kanton Freiburg, illegal an den Stadtberner Entsorgungsstellen.»
Für Lindgren und Gallizzi ist dieser Vorschlag aber nicht verhältnismässig. Auch eine punktuelle Videoüberwachung sei ein gravierender Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger. Lindgren hebt hervor: «Das fände ich total übertrieben, Abfallentsorger sind doch keine Schwerverbrecher!»
Deshalb schlägt Ursula Stöckli von der FDP einen alternativen Lösungsansatz vor. Sie verlangt, dass die technischen Möglichkeiten besser ausgeschöpft werden: Mit einer dynamischen Planung der Leerungstouren könnten allfällige Engpässe an notorisch überlasteten Sammelstellen effizienter verhindert werden.