SP-Yener: Diskussion um Bezahlkarte hat rassistischen Ursprung
SP-Kantonsrätin Ronahi Yener sieht in der Diskussion um Bezahlkarten einen «rassistischen Ursprung mit äusserst problematischen Auswirkung auf Asylsuchende».
Das Wichtigste in Kürze
- Die SP wehrt sich im Kanton Zug gegen den SVP-Vorstoss für Bezahlkarten im Asylwesen.
- Ronahi Yener plädiert im Interview für integrative und sozialpolitische Ansätze.
Die Idee hat in Deutschland hohe Welle geschlagen, nun soll sie auch auf die Schweiz überschwappen: Asylbewerber sollen statt Bargeld künftig eine Bezahlkarte bekommen. Damit lässt sich in ausgewählten Geschäften einkaufen, Kontoüberweisungen oder das Abheben am Automaten funktioniert hingegen nicht.
Hierzulande will die SVP mit diversen Vorstössen für die Einführung einer solchen Karte sorgen, wie etwa im Kanton Zug. Im Interview hat Kantonsrat Jeffrey Illi erklärt, wie sich seine Fraktion dies konkret vorstellt. Andreas Lustenberger, Zuger Kantonsrat der Alternative – die Grünen (ALG), lehnt die Idee hingegen vehement ab.
Auch SP-Kantonsrätin Ronahi Yener kritisiert den Vorstoss im Interview mit Nau.ch deutlich.
Nau.ch: Wie stehen Sie zum Vorschlag, dass Asylsuchende in Zukunft Bezahlkarten mit Guthaben erhalten sollen?
Ronahi Yener: Die Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende stösst in unserer Fraktion auf deutliche Kritik. Die Idee, den Beitrag für den Grundbedarf mittels Bezahlkarten zu beschränken, widerspricht dem Grundsatz, dass dieser Betrag zur freien Verfügung stehen sollte – ein Prinzip, das für alle Sozialhilfebeziehenden gelten sollte.
«Diese Diskussion hat in erster Linie einen rassistischen Ursprung»
Nau.ch: Die SVP argumentiert im Antrag damit, dass «kriminelle Schlepperbanden und Terroristen direkt und indirekt auch mit Geld von Asylsuchenden aus der Schweiz finanziert werden». Lässt sich diese Aussage belegen? Falls ja, um welche Summen handelt es sich?
Yener: Diese Behauptung der SVP ist uns nicht nur unbekannt, sondern kann auch nicht belegt werden. Zudem ist die finanzielle Unterstützung, die Asylsuchende erhalten, bereits äusserst begrenzt, und es ist unrealistisch anzunehmen, dass sie in nennenswertem Masse Mittel an kriminelle Organisationen weitergeben könnten. Diese Diskussion hat in erster Linie einen rassistischen Ursprung und ist in ihrer Auswirkung auf Asylsuchende äusserst problematisch.
Nau.ch: Schweizer Banken verfügen bereits über Instrumente, um illegale Geldflüsse aufzuspüren. Inwiefern sollen Bezahlkarten verbotene Transaktionen besser verhindern können?
Yener: Die Schweizer Banken verfügen bereits über hoch entwickelte Instrumente zur Bekämpfung von Geldwäsche und illegalem Finanzverkehr, wodurch die Notwendigkeit von Bezahlkarten in dieser Hinsicht fraglich ist.
Nau.ch: Wie lassen sich Bezahlkarten mit dem Schutz der Privatsphäre der Asylsuchenden vereinbaren?
Yener: Die Einführung von Bezahlkarten könnte die Privatsphäre der Asylsuchenden erheblich beeinträchtigen, da sämtliche Transaktionen nachverfolgt werden könnten. Dies birgt die Gefahr einer weiteren Stigmatisierung und könnte das Leben der Betroffenen zusätzlich erschweren. Mitglieder der SVP-Fraktion würden auch nicht wollen, dass man derart in ihre Privatsphäre eingreift und ihnen jegliche Freiheit im Umgang mit ihren Ausgaben nimmt.
Nau.ch: Wie viel würde die Einführung und der Betrieb eines Bezahlkartensystems den Kanton Zug kosten?
Yener: Die genauen Kosten für die Einführung und den Betrieb eines Bezahlkartensystems sind uns nicht bekannt. Allerdings wäre die Einführung eines solchen Systems mit erheblichem bürokratischen Aufwand verbunden, ohne dass erkennbare Vorteile für die Asylsuchenden oder die Verwaltung bestünden.
Nau.ch: Mit welchen anderen Massnahmen könnte der Abfluss des Geldes ins Ausland verhindert werden?
Yener: Anstelle restriktiver Massnahmen zu verfolgen, wäre es sinnvoller, integrative und sozialpolitische Ansätze zu verfolgen. Eine solche Vorgehensweise könnte beispielsweise durch die Förderung von Bildung und Integration sowie die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten für Asylsuchende erfolgen.
Zur Person: Ronahi Yener (24) ist Zuger SP-Kantonsrätin. Sie ist gelehrte Kauffrau EFZ sowie angehende Ökonomin an der HSG und wohnt in Baar.