Internet Guard: Hat die Swisscom heimlich Netzsperren eingeführt?

Michael Bolzli
Michael Bolzli

Bern,

Seit diesem Monat gibt es bei der Swisscom den Internet Guard. Der zeigt Warnhinweise bei dubiosen Webseiten an. Kritiker sehen hier Netzsperren.

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Der SMI verzeichnete einen negativen Wochenstart. Lediglich um Swisscom, Nestlé und Logitech steht es an der Schweizer Börse nicht schlecht. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Swisscom hat für seine Privat- und KMU-Kunden einen neuen Sicherheitsdienst lanciert.
  • Kritiker sehen im Internet Guard eine Netzsperre.

Das Internet ist mehr als lustige Memes und Katzenvideos. Es gibt haufenweise Seiten, wo User unwissentlich Schadsoftware runterladen. Oder Fake-Pages, die Nutzerdaten klauen wollen. Die Swisscom hat darum letzte Woche den Internet Guard lanciert. Einen «virtuellen Bodyguard», wie es heisst.

Der funktioniert so: Ruft ein Swisscom-Kunde im Browser eine dubiose Seite auf, kriegt er einen Warnhinweis. Er hat dann die Möglichkeit, den Hinweis zu ignorieren und die Page trotzdem aufzurufen. Wovon Swisscom abrät. Der Dienst ist bei jedem Privat- und KMU-Kunden aktiviert. Deaktivieren lässt sich der Internet Guard nicht, wie Swisscom-Sprecher Armin Schädeli zu Nau sagt.

«Swisscom wirbt mit Netzsperren»

Im Netz gibt es dafür Kritik. «Seit einer Woche wirbt Swisscom offiziell mit Netzsperren», kommentiert ein Twitter-User. Und kriegt dafür Zustimmung. Ein andere findet: «Der Internet Guard verletzt die ersten beiden Regeln der Netzneutralität. Wenn ich eine böse Seite besuchen will, wird sie gesperrt. Nach Definition eine Netzsperre.»

Zwei happige Vorwürfe. Doch die Swisscom winkt ab. «Der Internet Guard kommt keiner Netzsperre gleich», wehrt sich Schädeli. Denn bei Netzsperren würden Seiten aufgrund ihres Inhalts gesperrt. «Beim Internet Guard werden Seiten aufgrund einer möglichen Gefahr wie Phishing klassiert und dem Kunden wird eine Warnseite angezeigt. Er kann danach entscheiden, ob er trotzdem auf die Seite gehen will oder nicht.»

Welche Seiten gesperrt werden, will Schädeli nicht sagen. «In der Cyber Security legt man allgemein ganz bewusst nicht alle Quellen offen – nicht, um nicht informieren zu wollen, sondern um weiterhin gut schützen zu können.» Der Sicherheits-Dienst nutze Listen von «renommierten internationalen und Schweizer Quellen.»

So bewirbt die Swisscom den Internet Guard.
So bewirbt die Swisscom den Internet Guard. - Screenshot

«Netzneutralität nicht betroffen»

Die Netzneutralität sieht die Swisscom nicht verletzt: «Der Internet Guard hält sich an die Netzneutralität und nimmt keinen Einfluss auf den übertragenen Verkehr von legitimen Webseiten. Der Kunde kann nach Erscheinen der Warnseite entscheiden, ob er trotzdem auf die Seite gehen will oder nicht», erklärt Schädeli.

Das sieht man auch bei der Digitalen Gesellschaft so: «Die Netzneutralität ist nach unserer Definition nicht davon betroffen. Es handelt sich eher um eine Netzsperre», sagt Sprecher Erik Schönenberger.

Die Swisscom hat mit dem Sicherheits-Dienst noch viel vor. Schädeli erklärt: «In den kommenden Monaten wird der Internet Guard auch auf dem Mobilfunknetz sowie für die Swisscom Hotspots eingeführt.»

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