Kugel-Kämpfe in Lenzerheide - Deutsche als Nebendarsteller
Zum Ausklang im alpinen Ski-Weltcup steht der Kampf um die Kristallkugeln im Fokus. Die Besten werden in Lenzerheide ermittelt und ausgezeichnet. So spannend wie dieses Mal war es selten.
Das Wichtigste in Kürze
- Der erste Corona-Winter im alpinen Skisport geht mit dem Weltcup-Finale in Lenzerheide zu Ende.
Dass die Saison unter den Pandemiebedingungen überhaupt durchgezogen werden konnte, war lange nicht fix und kann als organisatorischer Erfolg gesehen werden.
«Die international getroffenen Massnahmen haben sich bewährt», fand der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier. Sportlich ist der Ausklang in der Schweiz reizvoll, sind doch etliche Entscheidungen um Disziplin- und Gesamtwertungen offen. Für deutsche Sportler gibt es zwar keine Kristallkugeln - bei den Athleten steht schon etwas anderes im Fokus.
Darauf ist in dieser Woche in Lenzerheide zu achten:
KRISTALLKUGELN
Anders als in früheren Jahren, als Stars wie Marcel Hirscher oder Mikaela Shiffrin etliche Kristallkugeln schon vor dem Finale fix gemacht hatten, ist in diesem Winter noch vieles offen. Einzig der Österreicher Marco Schwarz (Slalom), die Schweizerin Lara Gut-Behrami (Super-G) und Marta Bassino aus Italien (Riesenslalom) haben die drei kleinen Kristallkugeln schon sicher. Sieben Trophäen - und dabei vor allem die beiden grossen Pokale für die Gesamtwertungen - sind indes noch zu vergeben; teils sind die Abstände an der Spitze sehr knapp.
PINTURAULT GEGEN ODERMATT
Der Franzose Alexis Pinturault etwa liegt in der Gesamtwertung nur 31 Zähler vor Marco Odermatt aus der Schweiz. Der Vorsprung war schon grösser, zuletzt aber schwächelte Pinturault. Der Allrounder droht ein zweites Mal noch kurz vor dem Triumph abgefangen zu werden. Nach dem Rücktritt von Hirscher 2019 galten Pinturault und auch der Norweger Henrik Kristoffersen eigentlich als Erben des österreichischen Dauerchampions. Im vorigen Winter aber stahl Aleksander Aamodt Kilde aus Norwegen dem Duo die Show. Gelingt Odermatt ein ähnlicher Coup?
VLHOVA GEGEN GUT-BEHRAMI
Ein klein wenig komfortabler ist die Lage für Petra Vlhova bei den Frauen: die Slowakin hat 96 Punkte Vorsprung auf Gut-Behrami. Nachdem die 25-Jährige in den vergangenen Jahren klar im Schatten von US-Star Mikaela Shiffrin stand und vorige Saison Federica Brignone (Italien) überragte, hatte Vlhova den ganzen Winter die grosse Kristallkugel im Fokus. Sie trat in allen Disziplinen an und riskierte für ihr Ziel sogar, bei der WM nicht in Topform zu sein. In Cortina sprangen dann auch nur zwei zweite Plätze heraus für die ehrgeizige Allrounderin.
COMEBACK
Die WM hatte Sofia Goggia vor dem Fernseher verfolgen müssen, sie verpasste ihr Heim-Event wegen einer Knieverletzung. Dabei war die Italienerin die beste Abfahrerin des Winters und hatte vor ihrem Malheur vier von fünf Rennen ihrer Spezialdisziplin gewonnen. In Abwesenheit der Olympiasiegerin pirschte sich Weltmeisterin Corinne Suter (Schweiz) danach bis auf 70 Punkte an Goggia heran. Kampflos will die Italienerin die Kugel aber nicht hergeben und kündigte am Montag überraschend an, in der Schweiz ihr Comeback zu geben.
WETTERSORGEN
Ob es zum Showdown kommt, hängt vom Wetter ab. Wegen Schneefalls wurde am Dienstag auch das zweite Abfahrtstraining gestrichen. Im Laufe des Nachmittags wollte die Jury entscheiden, wie es weitergeht. Theoretisch möglich ist es, am Renntag in der Früh noch zwei schnelle Trainings abzuhalten. Sollte auch das schiefgehen, muss das Rennen abgesagt werden, denn ohne Probeläufe dürfen keine Abfahrten gefahren werden. Bei dem Szenario hätten Goggia und Beat Feuz bei den Herren die Weltcup-Wertungen gewonnen - und im Gesamtweltcup würden die Chancen für die Techniker Pinturault und Vlhova deutlich steigen.
DEUTSCHE AUSSICHTEN
Womöglich wird im Duell Goggia gegen Suter sogar die Deutsche Kira Weidle ein Zünglein an der Waage: Die Starnbergerin kann die Kugel zwar nicht mehr gewinnen, die Vizeweltmeisterin aber ist eine Kandidatin für das Podest und könnte den Rivalinnen wichtige Punkte wegnehmen. Weidle ist die aussichtsreichste der neun Deutschen in den Einzelevents. Für alle DSV-Athleten - auch die am vorigen Wochenende starke Slalomfahrerin Lena Dürr, die WM-Medaillengewinner Andreas Sander und Romed Baumann in den Speed-Events sowie die Techniker Linus Strasser, Alexander Schmid und Stefan Luitz - geht es darum, mit einem guten Gefühl in den Sommer vor der Olympia-Saison zu gehen.