Mutiger Schritt für Olympia: Judo-Brüder kämpfen für Tokio

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Weissrussland,

Die Brüder Karl-Richard und Johannes Frey stehen seit Kindertagen gemeinsam auf der Judomatte. Erst waren sie Konkurrenten im Rennen um ein Olympia-Ticket, bei den Europaspielen in Minsk kämpfen sie gemeinsam für ihren Traum von Tokio 2020.

Die Brüder Karl-Richard (l) und Johannes Frey streben beiden im Judo ein Olympiaticket an. Foto (2018): Felix von Solemacher/privat Foto: Felix von Solemacher
Die Brüder Karl-Richard (l) und Johannes Frey streben beiden im Judo ein Olympiaticket an. Foto (2018): Felix von Solemacher/privat Foto: Felix von Solemacher - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Für grosse Träume braucht es manchmal mutige Entscheidungen.

Judoka Johannes Frey wechselte von der Gewichtsklasse bis 100 Kilogramm ins Schwergewicht, um sich gemeinsam mit seinem fünf Jahre älteren Bruder Karl-Richard den Traum von den Olympischen Spielen 2020 in Tokio zu erfüllen.

«Bis jetzt bereue ich es nicht, ich bin echt happy damit», sagt der 22 Jahre alte Johannes. Aus unfreiwilligen Konkurrenten wurden Weggefährten, die gemeinsam für ihr grosses Ziel kämpfen.

Im Judo kann sich pro Gewichtsklasse nur ein Athlet je Nation für Olympia qualifizieren. Da die Brüder Frey zunächst beide in der Klasse bis 100 Kilogramm kämpften, hätte nur einer fahren können. «Um dem Konkurrenzkampf mit meinem Bruder aus dem Weg zu gehen und die Chancen auf Olympia zu verdoppeln, haben wir diese Entscheidung getroffen», erklärt Johannes die Beweggründe. «Ich finde es sehr mutig, dass er den Schritt gemacht hat», urteilt Richard.

Nun kämpfen beide um Punkte für die Olympia-Qualifikation. Die wollen sie auch am Montag bei den Europaspielen in Minsk - einem ihrer ersten gemeinsamen grossen Wettkämpfe - sammeln. «Die internationale Quali für Olympia ist bretthart», sagt Bundestrainer Richard Trautmann, der mit den Brüdern täglich in Köln trainiert, der Deutschen Presse-Agentur. «Beim Johannes müssen wir wegen der einjährigen Verletzungspause noch aufholen, aber ich bin optimistisch, dass er das schafft.» Johannes hatte zuletzt mit einer Knieverletzung zu kämpfen, Karl-Richard war am Ellenbogen verletzt.

Die Chancen auf eine Olympia-Qualifikation sind für Karl-Richard deutlich grösser. «In Deutschland sind derzeit fast alle guten Athleten in meiner Gewichtsklasse verletzt. Die Konkurrenz ist damit im Moment nicht wirklich da», sagt er. Johannes dagegen muss sich gegen den ebenfalls starken Sven Heinle durchsetzen. «Auf der Olympia-Rangliste steht er auf Position 37, das reicht Stand heute nicht. Aber es ist ja auch noch Zeit», sagt Sportdirektor Ruben Goebel vom Deutschen Judobund über den jüngeren der beiden Brüder.

Seit eineinhalb Jahren kämpft Johannes, der mit 1,92 Meter vier Zentimeter grösser als sein Bruder ist, im Schwergewicht. «Beim Gewichtmachen nach oben geht es um einen gezielten Muskelaufbau», beschreibt Johannes die Probleme bei der Umstellung. «Man muss viel und regelmässig das Richtige essen und trinken, Ernährung und Aufbautraining müssen aufeinander abgestimmt sein.» Auch die Verantwortlichen beeindruckt er damit. «Hut ab vor dieser schweren Entscheidung und den damit verbundenen Umstellungen», sagt Goebel.

Trautmann ist überzeugt, dass der Wechsel richtig war. «Johannes hat in der kurzen Zeit in der neuen Gewichtsklasse schon sehr viele Weltklasse-Leute geschlagen», lobt er. Der 22-Jährige wiegt aktuell 115 Kilogramm - und muss teils gegen Gegner kämpfen, die 60 Kilo schwerer, damit aber meist auch langsamer und weniger ausdauernd, sind. «Johannes' Stärke, seine enorme Explosivität, kommt im Schwergewicht viel mehr zum Tragen», urteilt Trautmann.

Beim täglichen Training profitieren die Brüder voneinander. «Wir geben uns oft Tipps und beraten uns gegenseitig», sagt Karl-Richard, der mit Johannes zusammen im Köln lebt. «Auch zu Hause sprechen wir viel über Judo, das ist bei uns eigentlich 24 Stunden Thema.» Streit gibt es trotzdem selten. «Ich habe generell ein sehr enges Verhältnis zu meinen Brüdern, sie sind gleichzeitig auch meine besten Freunde», sagt Johannes. Der dritte Bruder Gerrit macht inzwischen kein Judo mehr. Alle drei begannen als Kinder gemeinsam mit dem Sport.

Johannes macht seine Ausbildung bei der Bundespolizei, Karl-Richard ist bei der Bundeswehr. Beide sind für ihre Wettkämpfe freigestellt. Bei den Europaspielen streben sie eine Medaille an, grosses Ziel bleibt aber Olympia. Karl-Richard war 2016 in Rio bereits dabei, wurde Fünfter. «Es war trotzdem ein tolles Erlebnis für mich, ich durfte olympische Luft schnuppern», berichtet er. In Japan - dem Mutterland des Judos - wollen beide nun gemeinsam, unterstützt von Familie und Freunden den Traum von einer Olympia-Medaille verwirklichen.

«Es ist natürlich optimal, dass sie ihr Ziel jetzt gemeinsam angehen können», sagt Trautmann. «Beide sind wild entschlossen, in Tokio eine Medaille zu gewinnen.» Johannes ist trotz der nicht immer einfachen Eingewöhnung in der neuen Gewichtsklasse überzeugt vom gemeinsamen Weg der Brüder: «Wenn alles nach Plan verläuft, werden wir auch um Medaillen kämpfen. Olympia in Tokio ist für uns etwas ganz Grosses.»

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