Platini nach Verhör: «Das tut weh» - Aktuell kein Verfahren

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Frankreich,

Mehr als 15 Stunden musste Michel Platini zu den diversen WM- und EM-Vergaben bei der Anti-Korruptions-Behörde aussagen. Ein Verfahren läuft gegen ihn nicht, seine Rückkehr als Spitzenfunktionär erscheint aber sehr unwahrscheinlich.

Das Wichtigste in Kürze

  • Abgekämpft, müde und mit zerzausten Haaren verliess Michel Platini tief in der Nacht nach dem Verhör-Marathon die Anti-Korruptions-Behörde in Nanterre.
Michel Platini telefoniert nach seiner Entlassung aus dem Gewahrsam der Polizei. Foto: Francois Mori/AP
Michel Platini telefoniert nach seiner Entlassung aus dem Gewahrsam der Polizei. Foto: Francois Mori/AP - dpa-infocom GmbH

Mehr als 15 Stunden hatten die Ermittler den früheren Fussball-Star und Ex-UEFA-Präsidenten vernommen.

«Ich bin gekommen und wurde in Gewahrsam genommen. Das tut weh. Es war viel Lärm um Nichts», sagte Platini nach einem seiner schwersten Auftritte und verstand nicht, «was ich in dieser Geschichte gemacht habe».

Die Fahnder hatten viele Fragen. Natürlich ging es um die ominöse Vergabe der WM 2022 nach Katar, aber auch um den Zuschlag der Endrunde 2018 nach Russland und das EM-Turnier 2016 in Frankreich. Und da galt der 63-Jährige in der Tat als interessanter Gesprächspartner, war er doch in allen Vergabeprozessen als hoher Sportfunktionär direkt involviert.

Ermittlungstechnisch hat Platini bei der seit 2016 geführten Untersuchung wegen Korruption, Verschwörung und aktiver sowie passiver Bestechung im Fussball weiter den Status eines Zeugen, wie auch sein Anwalt William Bourdon gegenüber der Nachrichtenagentur AFP betonte. Aktuell läuft gegen den früheren Ausnahmefussballer kein Verfahren, dies bestätigten Justizkreise der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Paris.

Dem Ruf des ohnehin noch bis Oktober 2019 für alle Fussballaktivitäten gesperrten Platini dürfte die Anhörung aber schwer geschadet haben. Dass es bei der Befragung nicht nur um die Katar-WM ging, war durchaus beachtlich. Die Ermittler interessierten sich auch für die Euro 2016 in Frankreich. Platinis Heimatland hatte 2010 denkbar knapp mit 7:6 Stimmen gegen die Türkei gewonnen. Zur Abstimmung in Genf war sogar der damalige französische Staatschef Nicolas Sarkozy gekommen. Wie die Sportzeitung «L'Equipe» berichtet, war Sarkozy vor der Wahl dank Platini - zu der Zeit als UEFA-Chef verantwortlich - den wahlberechtigten Exekutivmitgliedern vorgestellt worden, während der türkische Präsident Abdullah Gül im Saal Platz nahm.

Platini und Sarkozy sollen seit 1999 ein gutes Verhältnis gepflegt haben, das am 23. November 2010 in dem berühmten Dinner im Élyséepalast gipfelte. Auch Tamim bin Hamad, der damalige Kronprinz und heutige Emir des Emirats Katar, gehörte der illustren Runde an. Diesbezüglich wurden am Dienstag auch Sophie Dion, eine frühere Sport-Beraterin von Sarkozy und der frühere Élysée-Generalsekretär Claude Guéant vernommen.

Für den früheren FIFA-Chef Joseph Blatter ist klar: An diesem Abend, wurde der Zuschlag für die WM 2022 in Katar besiegelt. «Platini hat 2010 seine Meinung geändert und Katar unterstützt, weil es der französische Präsident Sarkozy von ihm wollte», sagte Blatter. Zusammen mit Platinis Stimme seien drei weitere europäische Vertreter ins Katar-Lager geschwenkt. Das Ende ist bekannt: Katar erhielt völlig überraschend mit 14:8 Stimmen gegenüber den USA den Zuschlag.

Ganz nebenbei soll bei dem Abendessen auch der milliardenschwere Einstieg des Emirats beim französischen Hauptstadt-Club Paris Saint-Germain besprochen worden sein. Sarkozy habe ihm nichts aufgezwungen, rechtfertigte sich Platini, der sich in früheren Zeiten gerne als Fussball-Romantiker gegeben hatte. Er habe sich dafür eingesetzt, dass die WM in einem Land stattfinde, in dem sie noch nie war, betonte er.

Das Medienecho in seiner Heimat ist für Platini verheerend. Korruption, Vetternwirtschaft und die Verletzung von Ämtern seien bei internationalen Sportveranstaltungen heutzutage an der Tagesordnung, schrieb die linksorientierte Tageszeitung «Libération» und fügte hinzu: «So viel zu Werten und Vorbildern.»

Die Rückkehr in den Kreis der Fussballfunktionäre dürfte für Platini nun schwierig werden. «Das wird ihm nicht helfen. Er braucht starke Argumente», sagte Blatter, sicher nicht ohne Schadenfreude. Schliesslich wollte Platini ihn einst als FIFA-Präsident aus dem Amt vertreiben. Am Ende wurden beide gesperrt, wegen einer dubiosen Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken, die Platini 2011 von Blatter erhalten hatte. Laut der beiden Spitzenfunktionäre handelte es sich um eine verspätete Honorarzahlung für Platinis FIFA-Arbeit in den Jahren 1998 bis 2002.

Blatters Posten erbte stattdessen Gianni Infantino, der über viele Jahre die rechte Hand Platinis war. Der Schweizer habe aber gar nicht die Legitimität für den Posten, nur weil er früher Kugeln bei Auslosungen gezogen habe, ätzte jüngst Platini in Richtung Infantino, der die Nachrichten aus Frankreich sicher interessiert vernommen haben dürfte.

Weniger erfreut könnte Infantino über die Entscheidung des Schweizer Strafgerichts reagiert haben, wonach Bundesanwalt Michael Lauber von den FIFA-Ermittlungen abgezogen wurde. Es erklärte ihn wegen dubioser Treffen mit Infantino für befangen. Heute ist alles offen und transparent», hatte Infantino bei seiner Wiederwahl als FIFA-Chef Anfang Juni noch stolz behauptet. Fraglich, ob die emsigen Ermittler in Frankreich diese Sichtweise so teilen.

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