Spaniens harte Bewährungsprobe nach Corona-Stress
Vom 6:0 gegen Deutschland kann sich Spanien nichts mehr kaufen. Der dreimalige Europameister muss liefern - trotz einer Vorbereitung mit Corona-Hindernissen. Denn Gegner Schweden kennt das auch.
Das Wichtigste in Kürze
- Luis Enrique richtete vorab ein paar kurze Worte an Christian Eriksen, ehe seine volle Aufmerksamkeit nur noch der bevorstehenden Aufgabe im heissen Andalusien galt.
Nach den Corona-Chaostagen mit Last-Minute-Impfungen soll Spaniens «La Roja» bei Enriques Turnierpremiere als Nationalcoach beim Auftaktspiel in der Gruppe E gegen Schweden am Montag (21.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) wieder zur gefüchteten Furie werden. «Der Spielplan wird wie immer sein: Den Ball bekommen und unser Ding durchziehen», betonte der 51-Jährige voller Vorfreude allein schon auf das Abschlusstraining im Estadio La Cartuja: «Ich lebe es mit Begeisterung.»
Die war auch spürbar, weshalb sicherlich seine Worte an den Dänen Eriksen nach dessen Kollaps bei der EM am Tag zuvor weniger emotional und ausführlich waren, als die von seinem Amtskollegen Janne Andersson. «Luis Enrique zeigt Dir in jeder Situation, wie Du gewinnen kannst», betonte der ehemalige Bayern-Profi Thiago.
Team im Corona-Stress
Enrique wagt aber auch viel. Er verzichtet auf Rekordnationalspieler Sergio Ramos, berief andere dafür überraschend in den Kader. Mit einem 17-köpfigen Parallelkader rüstete er sich für alle Eventualitäten, die in den unsicheren Corona-Zeiten noch kommen könnten, unterstützte die Impfung komplett ungeschützter Profis. «Die Bedingungen waren nicht ideal, sie sind aber keine Entschuldigung», sagt Enrique.
«Das alles hat uns als Mannschaft nur noch stärker machen lassen», betonte sogar Diego Llorente, der nach seinem positiven Befund zunächst auch im Krankenwagen das EM-Quartier in Las Rozas de Madrid wie schon Busquets hatte verlassen müssen. Er war nach vier nachfolgenden Negativ-Tests aber Ende der Woche wieder zurückgekehrt.
Kader mit vielen Neulingen
Nach den EM-Titeln 2008 und 2012 sowie dem WM-Triumph von 2010 durch die Goldene Generation darben die Spanier wieder etwas. Vorrunden- und Achtelfinal-Aus bei den Weltmeisterschaften 2014 und 2018, Achtelfinal-Aus bei der EM 2016. Wohl auch deswegen riskiert Enrique eine Euro mit vielen Spieler, die noch bei keinem grossen Turner dabei waren - «Mundo Deportivo» schrieb bereits vom «Rookie Spanien». Enrique selbst zählt sein Team aber zu den «sechs, sieben» Titelkandidaten.
Das bislang letzte Duell zwischen Spanien und Schweden endete bei den Skandinaviern in der EM-Qualifikation 1:1. «Und ich hoffe, dass wir das auch wieder erreichen. Wir sind natürlich keine Favoriten, aber ich hoffe, dass wir sie ärgern können», sagte Schwedens Bundesliga-Star Emil Forsberg im Interview der Deutschen Presse-Agentur vor der Partie. Das sei aber schon anderthalb Jahre her, betonte Trainer Andersson am Sonntag bei seiner Pressekonferenz im Stadion auf der Isla de la Cartuja.
Vor ihrer Abreise aus dem EM-Camp in Göteborg hatten sie noch entspannt Golf gespielt. Mit der Landung in Sevilla bekamen sie aber auch die Bilder vom Kollaps des Dänen Christian Eriksen mit. Und die wirken nach. Er freue sich auf das Spiel gegen Spanien, sagte Schweden-Routinier und Kapitän Sebastian Larsson. «Aber man fühlt sich einfach nicht gut. Wir denken an Christian und wir denken an seine Familie. Es ist eine schreckliche Situation», betonte der 36-Jährige vom schwedischen Club AIK Solna: «Fussball ist definitiv nicht das Wichtigste in der Welt.»
Schweden ohne Ibrahimovic selbstbewusst
Und dennoch werden auch Forsberg, vor dem Enrique namentlich warnte, Sebastian Larsson und der Rest der Schweden alles daran setzen, erfolgreich in die EM zu starten und die Bilanz von nur einem erreichten Viertelfinale seit 2000 aufzubessern. Die heissen Temperaturen selbst in den Abendstunden in Sevilla sollen sie daran nicht hindern. Während die Spanier eigens zur heissesten Zeit und deutlich über 30 Grad in ihrem Camp in Las Rozas de Madrid geschwitzt hatten, bereiteten sich die Schweden bei Temperaturen um gerade mal 20 Grad in Göteborg vor. «Bei der WM in Russland war es auch sehr heiss, da haben wir einige Erfahrungen gesammelt», betonte Schwedens Coach. Und Enrique meinte dazu nur: «Wir haben eine Woche in Madrid trainiert, wenn es am heissesten war.»