Marc Reichert: Wird der Goalie beim SCB zum Problem?
Die National League startet am Freitag in die neue Saison. Marc Reichert, Ex-Profi beim SCB, Kloten und Ambri, schreibt über die Goalies der Meisterkandidaten.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Freitag beginnt die National-League-Saison 2019/20.
- Marc Reichert schreibt auf Nau.ch regelmässig über Eishockey.
- Er zieht Bilanz zu den neuen Goalies der Schweizer Top-Teams.
Die neue National-League-Saison steht vor der Tür und damit auch die Frage: Wer holt sich in diesem Jahr den Meistertitel? Inbesondere auf der Goalie-Position hat sich bei den Top-Teams so einiges getan. Marc Reichert analysiert die Clubs auf ihre Keeper-Situationen.
ZSC Lions ohne Schlegel
Die Zürcher mussten Niklas Schlegel dem Meister aus Bern überlassen. Damit fehlt dem Team von Neo-Coach Rikard Grönborg ein wichtiger Rückhalt. Dennoch konnten sie mit Lukas Flüeler die eigentliche Nummer 1 im Tor halten.
Mit Daniel Guntern haben sie einen relativ unbekannten Goalie als Backup. Für die Lions wird es wichtig sein, dass Flüeler gesund und fit bleibt. In der letzten Saison war er von Verletzungen geplagt und Schlegel musste in die Bresche springen.
Möglich, dass Flüeler ohne Schlegel der wichtige Konkurrenz-Kampf etwas fehlt. Könnte aber auch sein, dass er durch die Aussicht auf die klare Nummer-1-Position in seinem Selbstvertrauen zusätzlich gestärkt wird. Dies wird sich aber erst im Verlauf der Saison zeigen.
Hext Genoni den EVZ zum Meistertitel?
Die Zuger standen in den vergangenen drei Spielzeiten zweimal im Playoff-Final. Scheiterten dann aber jeweils am SC Bern. Nun wechselte der mehrfache Meistergoalie Leonardo Genoni zu den Innerschweizern. Er könnte das fehlende Puzzlestück sein, um den EVZ zum ersten Meistertitel seit 1998 zu führen.
Genoni war in den letzten Jahren zweifelsfrei der konstanteste und beste Torhüter der Schweiz. Gut möglich, dass das Team mit ihm noch einen Schritt nach vorne macht. Es könnte aber auch sein, dass man sich im Unterbewusstsein plötzlich ein wenig zu sicher ist und nicht mehr die nötigen 100 Prozent aufs Eis bringt.
Wenn beim EVZ Einsatz und Wille stimmen, ist er mit Genoni aber definitiv ein Anwärter auf den Meistertitel in dieser Spielzeit.
Hat der SCB jetzt ein Goalie-Problem?
Niklas Schlegel ersetzt in Bern den abgewanderten Leonardo Genoni. Es ist kaum möglich, den aktuell besten Keeper der Schweiz eins zu eins zu ersetzen. Aber Schlegel hat in der Champions Hockey League bereits gezeigt, zu was er fähig ist. Wenn er gute Leistungen bringt, werden die Fans dies schnell goutieren.
Zudem hat der SCB mit Pascal Caminada einen starken Backup-Keeper, der auch Ambitionen auf mehr Spielzeit hat. Ich kann mir vorstellen, dass sich diese beiden gegenseitig zu Höchstleistungen anspornen werden. In Bern jetzt von einem Goalie-Problem zu reden, ist definitiv fehl am Platz.
Die grosse Frage, die sich noch stellt, ist, ob die beiden über die ganze Spielzeit konstant liefern können. Punktuell haben sie ihr Potenzial bereits gezeigt.
Für den SCB wird es nach der Ära Genoni ein Neuanfang, der auch mit Ungewissheit verbunden ist. Man darf gespannt sein, wie es Headcoach Kari Jalonen handhaben wird. Ob er auf eine feste Nummer 1 setzt oder beiden Goalies viel Spielzeit gewähren wird.
*Marc Reichert hat für den SCB, Ambri und Kloten insgesamt 1022 Einsätze in der National League A gespielt. Er feierte vier Meistertitel. Reichert ist Eishockey-Experte für das SRF.