Chaos beim ÖFB: So kam es zum grossen Fussball-Zoff in Österreich
Der österreichische Fussball-Verband versinkt in einer Führungskrise, der Präsident tritt zurück. Der wirre Machtkampf geht auf eine Personalie zurück.
Das Wichtigste in Kürze
- Der österreichische Fussball-Bund versinkt im Chaos – der Präsident ist weg.
- Klaus Mitterdorfer stolperte über eine versuchte Personal-Rochade.
- Nau.ch fasst das Drama in Fussball-Österreich zusammen.
Eigentlich könnte man in Fussball-Österreich gerade durchaus zufrieden sein: Ja, den Direkt-Aufstieg in der Nations League hat man am letzten Spieltag noch verpasst. Aber als Tabellen-Zweiter steht man immerhin im Playoff um den Aufstieg in die Liga A des UEFA-Länderwettbewerbs.
Aber hinter den Kulissen ging am Donnerstag ein wochenlanger Machtkampf mit einem Knall zu Ende: ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer erklärte seinen Rücktritt – und beendete damit ein hitziges Tauziehen. In dessen Zentrum stand ein Personal-Wunsch des nunmehrigen Ex-Präsidenten – der aber dem Nationalteam nicht passte.
Dramatis Personae
- Klaus Mitterdorfer, (Ex-)ÖFB-Präsident
- Bernhard Neuhold, ÖFB-Geschäftsführer Wirtschaft
- Thomas Hollerer, ÖFB-Generalsekretär
- Silvia Kaupa-Götzl, Juristin (ehem. ÖBB-Managerin)
- Ralf Rangnick, Nationaltrainer
- Johann Gartner, Landesverbandspräsident Niederösterreich
- das österreichische Nationalteam
Eine Personal-Frage wird zum Stolperstein
Die beiden Namen, die in dieser Frage entscheidend sind, lauten Silvia Kaupa-Götzl und Bernhard Neuhold. Letzterer ist aktuell CEO der Wirtschafts-Abteilung des ÖFB. Zugleich ist Neuhold aber auch nicht gut auf ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer zu sprechen. Den Zwist wollte Mitterdorfer bereits seit Monaten ausräumen.
Das war ihm nicht gelungen – also sollten als ultima ratio sowohl Neuhold als auch Hollerer gehen. Vor mehr als einem Monat, Mitte Oktober, wurde Mitterdorfer vom Präsidium ermächtigt, das Dienstverhältnis der beiden zu beenden. Die zuvor erwähnte Kaupa-Götzl sollte neue Geschäftsführerin werden, Hollerer unter ihr neuer Wirtschafts-Manager.
Rangnick und Team stellen sich hinter Neuhold
Aber die Benennung von Kaupa-Götzl zur Geschäftsführerin braucht eine Mehrheit im Präsidium – die sich nicht fand. Einer der Gründe dafür sind Nationaltrainer Ralf Rangnick und seine Mannschaft. Denn Neuhold geniesst das Vertrauen des Deutschen und seiner Spieler, weil die Zusammenarbeit gut funktioniert.
Der Mannschaftsrat unter Captain David Alaba stärkte Neuhold in einem Meeting mit dem Präsidium den Rücken. Auch öffentlich stellten sich Rangnick und seine Spieler hinter Neuhold. «Wir sind eine sehr eingeschworene Truppe, da gehören alle vom Staff dazu, auch Bernhard Neuhold», sagte etwa Michael Gregoritsch. «Unser Kreis ist unantastbar.»
Falsche Vorwürfe gegen das Nationalteam?
Auftritt Johann Gartner, seines Zeichens Niederösterreichs Landesverbandspräsident und damit eine wichtige Persönlichkeit im ÖFB. Der gibt gegenüber «NÖN» ein folgenschweres Interview und erhebt – letztlich unhaltbare – Vorwürfe: Die Mannschaft habe einen Streik angedroht, sollte Neuhold entlassen oder degradiert werden.
Gegenüber dem «Kurier» stellt Alaba klar: «Herr Gartner behauptet hier die Unwahrheit – wir haben niemals gedroht, nicht zu spielen. Meine Kollegen im Spielerrat können das genauso bestätigen wie der Präsident und die weiteren Vizepräsidenten.» Zwei Vizepräsidenten bestätigen diese Version auf «Kurier»-Nachfrage.
Wie kam es zum Rücktritt des Präsidenten?
Mitterdorfer wollte seine Bestellung von Kaupa-Götzl als neue Geschäftsführerin am Freitag in einer ausserordentlichen Präsidiums-Sitzung durchboxen. Aber eine Mehrheit von sieben Stimmen unter den 13 stimmberechtigten Präsidiums-Mitgliedern fand er nicht. Neben vier Verbandspräsidenten stand auch die österreichische Bundesliga dagegen.
Am Donnerstagabend verkündete Mitterdorfer dann seinen Rückzug als Präsident. Seine letzte Amtshandlung waren zwei Kündigungen – nämlich an Neuhold und Hollerer. Laut «Kurier» verfügen beide über eine sechsmonatige Kündigungsfrist und sind vorerst weiter beim ÖFB tätig. Gut möglich, dass Mitterdorfers Nachfolger die Kündigungen zurücknimmt.
Der letzte Akt – wie geht es beim ÖFB weiter?
Gerade einmal eineinhalb Jahre hielt sich Mitterdorfer an der Spitze des Verbands. Jetzt braucht es interimistisch einen neuen Präsidenten – einer der vier Vizepräsidenten dürfte nachrücken. Gartner wäre als Vizepräsident eine Option, gilt intern aber als disqualifiziert. Wegen seiner Unwahrheiten über die Mannschaft.
Mittelfristig beginnt für den ÖFB jetzt die Suche nach ersehnter Stabilität. Die gab es zuletzt unter Mitterdorfers Vor-Vorgänger Leo Windtner, der von 2009 bis 2021 als Präsident amtete. Dessen Nachfolger Gerhart Milletich zog Anfang 2023 nach knapp zwei Jahren im Amt einen Schlussstrich.