Flick: «Ganze Welt schaut auf Deutschland» - Titel als Ziel
Hansi Flick betont vor dem Bundesliga-Neustart die Vorbildrolle des FC Bayern. Eine «Top-Performance» will der Rekordmeister in der eng getakteten «Power-Saison» zeigen - und das nicht nur sportlich.
Das Wichtigste in Kürze
- Hansi Flick erschien vorbildlich mit einem roten Mundschutz zur Video-Pressekonferenz auf dem FC-Bayern-Campus und dokumentierte damit seine herausragende Rolle als Trainer des deutschen Fussball-Branchenführers.
Alles wird anders sein, wenn der Tabellenführer am Sonntag (18.00 Uhr/Sky) beim Aufsteiger Union Berlin in eine «Power-Saison» startet, wie der 55-Jährige die ausstehenden neun Geister-Spieltage in der Bundesliga titulierte.
Es wird ein extremer Spagat, den auch das Münchner Starensemble zwischen Quarantäne, Verhaltensregeln und dem Kampf um den achten Meistertitel am Stück im Corona-Spielbetrieb bewältigen müssen. «Klar ist die Bundesliga anders: Die Fans und die Emotionen sind das A und O», sagte Flick am Freitag, nachdem er den Gesichtsschutz abgelegt hatte. Vor dem abrupten Corona-Stopp im März befand sich der erst im November zum Cheftrainer beförderte Kovac-Nachfolger durchaus auf dem Weg, sein erstes Bayern-Jahr womöglich mit dem Triple zu krönen.
Und jetzt? Was kommt, weiss keiner, auch Flick nicht. «Wir wissen nicht, wie das als Fussballspiel rüberkommt», sagte er zum Neustart, auf den sich die Münchner Stars trotz aller Einschränkungen in den letzten Wochen «super vorbereitet» wähnen, wie Kapitän Manuel Neuer vor der Reise nach Berlin an diesem Samstag versicherte. «Natürlich freuen wir uns, dass wir spielen können. Aber die Umstände würden wir uns anders wünschen», erklärte der 34 Jahre alte Nationaltorhüter.
Verantwortung, Chancen, Risiken - viel türmt sich auf vor Flicks Bayern und der gesamten Bundesliga. «Die ganze Welt schaut auf Deutschland, wie wir das machen. Mehr als 200 Länder schauen den Spielern zu. Daher haben wir ein enorm grosses Publikum, dem man sich zeigen kann. Wir wollen eine Top-Performance abliefern», sagte er. «Das kann eine Signalwirkung auf alle Ligen haben.» Und eine dafür, dass der «Sport allgemein wieder aufgenommen werden» könnte.
Für die Berufsausübung mit direktem Körperkontakt ohne Masken und Abstandsregeln auf dem Spielfeld müssen die hoch bezahlten Profis ihr Leben umstellen. «Wir dürfen Dinge, die andere Leute machen dürfen, nicht machen», sagte Flick. Ein Besuch im Biergarten gehe nicht. «Im privaten Bereich sind wir schon sehr eingeschränkt», sagte Flick.
Er habe «keine Angst» um seine Spieler wegen einer möglichen Infektion mit dem Coronavirus beim Kontaktsport Fussball. Verzichten auf einen Einsatz wollte beim FC Bayern nach Angaben des Trainers übrigens keiner. Fehlen werden zum Auftakt damit nur die verletzten Niklas Süle, Philippe Coutinho und Corentin Tolisso sowie vermutlich der 31 Jahre alte Javi Martínez, der über muskuläre Probleme klagt.
Der Rahmen mag komplett anders sein, die Zielsetzung des FC Bayern verändert sich aber auch in Corona-Zeiten nicht. «Es sind neun Spieltage, eine Power-Saison, ein kleines Turnier. Alles fängt bei Null an, und wir hoffen, dass wir am Ende mehr Punkte haben als die Gegner», sagte Flick.
Vier Zähler beträgt der Vorsprung auf den ersten Verfolger Borussia Dortmund, fünf sind es auf Herbstmeister RB Leipzig. Zudem ist Torjäger Robert Lewandowski (25 Saisontreffer) wieder topfit nach einem Anbruch der Schienbeinkante am linken Knie. Der 31 Jahre alte Pole könnte zum entscheidenden Titelfaktor der Münchner werden.
«Ich hoffe, dass wir es umsetzen wie vor der Pause», lautet Flicks Hoffnung. Mit 22 von 24 Punkten stellen die Bayern das beste Team der Rückrunde. Obwohl Flick dem krassen Aussenseiter Union Berlin auch ohne die Fanunterstützung im sonst so stimmungsvollen Stadion An der Alten Försterei eine «klasse Mentalität» bescheinigt, wäre eine Bayern-Niederlage schon eine kolossale Überraschung. Allerdings mahnte Flick: «Allein mit fussballerischer Qualität wird es nicht gehen. Es geht darum: Wer kommt mit den Bedingungen am besten klar?»