Premier League erklärt ab sofort VAR-Entscheide live für Fans
Die Premier League will Entscheide des VAR für Fans nachvollziehbarer machen. Ein offizieller Social-Media-Kanal soll die Kritik lindern. Und die Schweiz?
Das Wichtigste in Kürze
- Der Video Assistant Referee stand letzte Saison in der Premier League in der Kritik.
- Die englische Liga will nun Entscheide für Fans besser verständlich machen.
- Neu können Fans im Netz VAR-Audioclips und Zitate aus dem Video-Keller beziehen.
- Kommt das Prinzip auch in die Schweiz? Vorerst will man beobachten, heisst es.
Schluss mit VAR-Ärger – oder das totale Chaos? Am Freitag eröffnet Manchester United gegen Fulham die neue Saison der Premier League. Ab dann wird es in der «besten Liga der Welt» eine Neuerung für Fans geben.
Auf dem offiziellen Social-Media-Kanal «Premier League Match Centre» sollen Schiedsrichter-Entscheidungen detailliert beschrieben und erklärt werden.
Live-Übertragung aus dem VAR-Raum ist im englischen TV zwar verboten. Nahezu live übertragene VAR-Audioclips sowie Zitate aus dem Video-Keller sollen Entscheide aber nachvollziehbar machen, während diese getroffen werden.
Können bald auch Schweizer Fans mithören?
Auch beim Schweizerischen Fussballverband hat man vom Vorhaben der Engländer erfahren. Stefan Baumgartner, Medienverantwortlicher der Schiedsrichter, sagt zu Nau.ch, dass es zu früh sei, die Massnahme zu kommentieren. «Wir werden die Entwicklung interessiert verfolgen, wie wir das auch bei anderen europäischen Ligen tun.»
Das Thema VAR-Kommunikation sei auch im Schweizer Fussball «weit oben auf dem Radar. Gewisse Ideen lassen sich aber alleine darum nicht umsetzen, weil die Infrastruktur in den Stadien hierzulande nicht einheitlich ist. Und es auch eine Frage von personellen Ressourcen ist.»
Viel Kritik für die Refs in der Premier League
Der Schritt in England folgt auf eine Saison, in der die Schiedsrichter der Premier League massiv in Kritik gerieten. So beklagte sich unter anderem Nottingham Forest nach der Partie gegen Luton Town Mitte April öffentlich über die Video-Schiris.
Nachdem aus Sicht des Ex-Clubs von Remo Freuler drei Penaltys zu Unrecht nicht gegeben wurden, folgte der Rundumschlag auf Twitter: «Drei extrem schlechte Entscheidungen, drei nicht gegebene Elfmeter. Wir haben schon vor dem Spiel gewarnt, dass der VAR ein Luton-Fan ist.»
Noch weiter gingen die Wolverhampton Wanderers. Das Ex-Partner-Team von GC wollte mit einer Petition den VAR abschaffen. Obwohl niemand unterschrieb, unterstreicht der Vorstoss die VAR-Frustration.
«Ein grosser Schritt» vs. «Lasst das Chaos beginnen»
Die Reaktionen der Fans im Netz auf die Einführung des Kanals sind gemischt. «Endlich! Das ist ein grosser Schritt nach vorne», jubelt jemand.
Andere vermuten, dass jetzt erst recht Verwirrung ausbricht. «Lasst das Chaos beginnen!»
Und weitere Fans begrüssen die Idee mit viel Ironie. «Ich kann es kaum erwarten, die Updates zu den schlechten VAR-Entscheidungen und Entschuldigungen zu erhalten.» Und: «Die Inkompetenz wird zumindest unterhaltsam sein.»
Urs Meier ist ein Befürworter
Bereits vor zwei Jahren, als es die ersten Ideen fürs Mithören im VAR-Keller gab, war Urs Meier einer der Befürworter. Damals wurde besprochen, ob Fans live mithören dürfen sollten. «Ich bin immer für Offenheit und finde das eine gute Idee», sagte er zu Nau.ch.
Allerdings mahnte der langjährige Top-Schiedsrichter auch: Ein Problem werde es mit dem VAR immer geben – ob mit oder ohne Mithören. «Was wir am Bildschirm sehen, ist nicht die Wahrheit. Wir erfahren weder die Absicht noch Abstände oder Geschwindigkeit.»
So werte man ein hartes Foulspiel beim ersten Betrachten der Video-Bilder vielleicht noch als Gelb. «Bei der zweiten, noch langsameren Wiederholung ist es aber plötzlich Rot. Und bei der dritten ist der Spieler dann schon fast ein Mörder», sagt Meier überspitzt.
Deshalb fordert der ehemalige Spitzenschiedsrichter: «Der Ref auf dem Platz bekommt das am besten mit. Wir sollten wieder viel mehr dem Schiedsrichter vertrauen und weniger der Technik. Der VAR hat den Fussball nicht attraktiver gemacht, im Gegenteil. Wir reden viel zu viel über ihn.»