Sportsoziologe zu Corona-Krise: Situation der Machtlosigkeit

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Deutschland,

Die Corona-Krise hat nach Einschätzung eines Sportsoziologen vor dem Hintergrund der Geisterspiele das Verhältnis zwischen Fussballern und Schiris verändert.

Augsburgs
Augsburgs Caligiuri diskutiert mit dem Schiri-Gespann. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Hat sich das Verhältnis zwischen Schiris und Fussballern wegen Corona verändert?
  • Sportsoziologe Gunter Gebauer meint Ja. Er begründet dies mit den Geisterspielen.

Man könne sehen, «dass sich die Spieler offenbar stärker den Schiedsrichtern zuwenden und sie mehr beachten», meint Sportsoziologe Gunter Gebauer.

«Ein Schiedsrichter musste manchmal jemanden, der ein böses Foul verübt hat, zurückholen lassen, damit er überhaupt seine Gelbe oder Rote Karte in Empfang nehmen konnte», sagte der emeritierte Professor für Philosophie und Sportsoziologie an der FU Berlin der Deutschen Presse-Agentur.

Arminia Bielefeld - Werder Bremen
Schiedsrichter Markus Schmidt zeigt dem Bielefeld-Verteidiger Nathan de Medina (r) die Rote Karte. - dpa

Die Schiedsrichter hätten «in der jetzigen Situation eine viel stärkere Autorität auf dem Spielfeld. Sie haben nicht das Publikum gegen sich und können auch besser mit den Spielern sprechen, da kein ohrenbetäubender Lärm herrscht», sagte Gebauer.

«Der Fussballstar, hinter dem bis dahin zigtausend Menschen standen und durch Gebrüll unterstützt wurde, ist jetzt machtlos gegenüber dem Schiedsrichter und steht dort alleine. Das ergibt eine vollkommen andere Balance im Verhältnis von Spieler zu Schiedsrichter.»

Wie beurteilen Sie den Einschätzung des Sportsoziologen?

Ein Jahr nach der vorübergehenden Einstellung des Spielbetriebs der Fussball-Bundesliga und der Verschiebung der EM hat die Pandemie dem Sportsoziologen zufolge auch die Wahrnehmung von Zeit verändert.

«Wir haben keine Macht mehr darüber, die Zeit zu organisieren. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass wir zum Beispiel in 14 Tagen diese Partie austragen und zwei Wochen darauf jene. So eine Zeitstruktur, die sehr stark das Erleben prägt, fällt aus, weil wir im Augenblick gegenüber der Zukunft überhaupt keine Macht haben», sagte er.

«Also sind wir im Augenblick in einer Situation der Machtlosigkeit, wie wir sie im Grunde genommen seit Kriegsende nicht mehr gehabt haben.»

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