YB: Wie die Atalanta-Fankultur 1964 Bern erreichte
YB gegen Atalanta Bergamo: Diese Partie gab es 1964 schon einmal. Und sie ist aus einem ganz bestimmten Grund legendär.
Das Wichtigste in Kürze
- Heute Dienstag (21 Uhr) spielt YB in der Champions League gegen Bergamo.
- Dieses Spiel gab es schon 1964 einmal. Es war nur ein Test, bleibt aber unvergessen.
Heute Abend trifft YB in der Champions League auf Atalanta Bergamo. Gewusst? Dieses Duell gab es schon vor Jahren: Die Länderspielpause wegen Schweiz - Italien im Mai 1964 nutzen YB und Atalanta Bergamo kurzerhand für ein «kleines Länderspiel».
Am Abend vor dem grossen Länderspiel (1:3 in Lausanne) strömen 7000 Zuschauer ins Wankdorf – darunter auffallend viele Italiener. Schiedsrichter ist der Basler Godi Dienst, der zwei Jahre später mit dem berühmten Wembley-Tor England zum Weltmeister machen wird.
Atalanta, damals amtierender Pokalsieger, tritt mit den Dänen Christensen und Nielsen an, aber natürlich ohne ihren Stürmerstar, Nationalspieler Angelo Domenghini. Tausende von Bergamo-Fans sorgen für eine Stimmung, die man in Bern so noch nicht kannte.
Der «Bund» schrieb danach: «Die Stimmung unter den Zuschauern, unter denen man viele italienische Gastarbeiter sah und vor allen Dingen hörte, kam dem Siedepunkt nahe. Frenetischer Jubel ertönte, als bereits der erste Eckball in der 2. Minute zum ersten italienischen Treffer führte. Die Bergamasken schienen die Einheimischen geradezu erdrücken zu wollen.»
Aber die YB-Fans wollen nicht zurückstehen. Nachdem Stürmerstar Geni Meier mit scharfem Freistoss das 1:1 erzielt, tönt es immer wieder «Geni – Geni!» von den Rängen, wenn er in Schussposition kommt. «Und wahrlich, er geizte nicht mit seinen Versuchen. Torhüter Cometti wird voraussichtlich noch lange an diesen Abend zurückdenken», so der «Bund».
Urs Frieden (65), Nau.ch-Ausbildner, erinnert sich: «Man konnte damals nur wenig Partien am TV verfolgen und bekam von Fankultur wenig mit. Deshalb kam der überschwängliche Auftritt der Bergamo-Fans überraschend. Und er motivierte die YB-Fans, hier stimmlich mitzuhalten.»
Es sei zwar nur ein Testspiel gewesen (damals sagte man noch «Freundschaftsspiel»), aber es habe «insofern eine grosse Bedeutung gehabt, als die italienische Fankultur an diesem Abend die YB-Fans erreichte und animierte».
YB dreht das Spiel
Die wackeren YB-Mannen behalten im ungewohnten Hexenkessel die Nerven und drehen das Spiel: Am Schluss heisst es 4:3 und, so der Berichterstatter, «die südländische Galerie verstummte».
Die weiteren Tore zum Sieg schiessen die spätere FCZ-Legende Kurt Grünig, der zukünftige Fifa-Schiri André Daina (er wird 1985 beim Heysel-Drama pfeifen) und ein gewisser Peter Hug. Dieser war zwei Jahre zuvor bei einem 9:2-Sieg in Grenchen mit vier Toren aufgefallen. Wobei YB sieben Tore innert zwölf Minuten schoss – ein Liga-Rekord für die Ewigkeit.
Schon das Vorspiel zu YB-Atalanta hatte es in sich: Beim Meisterschaftsspiel der sogenannten Reserven, der zweiten Mannschaften von YB und Lausanne, weigern sich zwei vom Platz verwiesene Spieler, das Feld zu verlassen, worauf ein Tumult entsteht und der Schiedsrichter die Partie eine Minute vor Schluss abbricht. Möglicherweise ein Kommunikationsproblem. Denn Rote Karten gabs damals noch nicht.