Argentinischer Superclásico: Im Zeichen des Skandals
Das Wichtigste in Kürze
- Es sind hässliche Bilder, die den argentinischen Fussball in eine tiefe Krise stürzen.
Der Teambus der Boca Juniors rast an Hunderten zürnenden Fans des Erzrivalen River Plate vorbei, etliche Steine knallen gegen die Scheiben, Glas splittert.
Tränengas der Polizei dringt in den Bus ein, Boca-Kapitän Pablo Perez wird am Auge verletzt, panisch wird nach Hilfe gerufen. «Eine Schande», sagt Perez später über das Skandal-Finale der Copa Libertadores vor gut einem Jahr, das erst abgesagt und dann nach Madrid verlegt werden muss.
Am Dienstag treffen River Plate und die Boca Juniors erneut in der Endphase des südamerikanischen Pendants zur Champions League aufeinander. Im Halbfinal-Hinspiel vor über 70.000 frenetischen Zuschauern im El Monumental sollen mehrere Hundert Sicherheitskräfte ähnliche Jagdszenen wie vor dem Final-Rückspiel an jenem 24. November 2018 verhindern.
Sowohl die Ausschreitungen als auch die Verlegung wegen Sicherheitsbedenken ins immer noch wenig geachtete Spanien hatten viele Fans tief ins Herz getroffen. Argentiniens Fussball-Ikone und Boca-Fan Diego Maradona, am Samstag als Trainer des Tabellenletzten Gimnasia y Esgrima Gegner von River, beschimpfte die Funktionäre des Kontinentalverbandes CONMBEOL wüst.
Immerhin: Die Generalprobe für den nächsten Superclásico verlief ohne Probleme. In der Liga trennten sich die beiden Stadtrivalen, die den bitteren Klassenkampf in Buenos Aires im Fussball spiegeln, am 1. September 0:0. Die Gäste hatten das River-Stadion unbehelligt, allerdings mit starkem Polizeigeleit und in einem Bus mit Panzerglas erreicht. Rund 1400 Polizisten wurden in drei Ringen um das Stadion aufgestellt, um randalierende Fans abzuschrecken.
«Damals haben die Sicherheitsleute schlecht gearbeitet und am nächsten Tag musste der Sicherheitsminister der Stadt Buenos Aires zurücktreten. Jetzt lief alles perfekt», sagte River-Präsident Rodolfo D'Onofrio, auch 2018 einer der Wortführer der Debatte, in die sich auch die Politik und die FIFA eingeschaltet hatten. Dass River in Madrid 3:1 gewann und sich nach dem 2:2 im Hinspiel zum Champion krönte, blieb nur eine Fussnote der Geschichte, die über den Fussball hinaus geht.
Die «Barrasbravas», wie die argentinischen Hooligans genannt werden, sind seit Jahrzehnten eng mit der Politik vernetzt. Ende Oktober finden in dem von Wirtschaftskrisen gezeichneten Land Präsidentschaftswahlen statt. Amtsinhaber Mauricio Macri stellt sich mit eher geringen Chancen zur Wiederwahl. Etliche Jahre war er Clubchef der Boca Juniors.
Die Statistik spricht für die Gäste: Im Kampf um die Copa Libertadores trafen Boca und River bereits 26 Mal aufeinander - Boca siegte in zehn, River in acht Spielen. Boca gewann sechsmal die Copa, River viermal. Aktuell steht aber River als Meister und Bezwinger von Boca in Madrid in besserem Licht. Unter dem erfolgreichen Trainer Marcelo Gallardo hatte River Plate auch 2015 die südamerikanische Club-Meisterschaft gewonnen. Boca hat seinen letzten Libertadores-Titel 2007 geholt.
Das Rückspiel soll am 22. Oktober im Boca-Stadion stattfinden. Im anderen Halbfinale treffen in Brasilien Grêmio Porto Alegre und Flamengo Rio de Janeiro am 2. und 22. Oktober aufeinander. Das Endspiel wird am 23. November in Santiago de Chile ausgetragen werden.