Elisabeth Schneider-Schneiter: Kollektivstrafen bringen nichts
Die verhängten Kollektivstrafen sorgen im Schweizer Fussball für hitzige Diskussionen. Für Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter verständlich.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Behörden reagieren auf Fan-Gewalt mit Kollektivstrafen.
- So musste YB ohne Ostkurve auskommen und die FCZ-Südkurve wird gegen Lausanne gesperrt.
- Ein Gastbeitrag von Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter.
Ein Blick zurück: Der 13. Mai 2006 war in der Tat ein Wendepunkt und allen war klar, dass es so nicht weitergehen kann. Vieles kam danach ins Rollen. In der breiteren nationalen Öffentlichkeit wurde mit teils schon fast religiösem Eifer die Ausarbeitung und Anwendung des «Hooligan-Konkordates» vorangetrieben und als vermeintlich einzige Lösung gepriesen.
Als wären damit die Probleme gelöst. Dass der Weg in eine andere Richtung gehen muss, wenn nachhaltige Lösungen und Verbesserungen im Bereich «Fangewalt an und um Sportveranstaltungen» gefunden werden sollen, zeigte dann Basel. Dass dieser bald als «Basler Weg» bezeichnete Ansatz, der auf offenen und ehrlichen Dialog und Vermittlung unter Einbezug aller Akteure setzte, erfolgreich sein kann, wollte der Rest der Schweiz lange nicht so richtig wahrhaben.
Aber nur wenn sich alle Akteure sprich Fanvereinigungen – in Basel natürlich insbesondere die Vertreter der Muttenzer Kurve – der Club selber und auch die Politik mit ernsten Absichten und unvoreingenommen an einen runden Tisch setzen, können nachhaltige Lösungen gefunden werden.
Der Erfolg gibt dem Basler Weg Recht – obschon hier die bedauerlichen Rückschläge, die es auch auf dem Basler Weg immer wieder gab, nicht verschwiegen werden sollen.
Leider weisen die jüngsten Entwicklungen in eine andere Richtung: Die Aufregung und die medialen und behördlichen Reaktionen um die für den 20. Januar in Bern angeblich geplanten Proteste aller Fangruppen und die diese Woche ausgesprochene Sperre der Südkurve verhärten die Fronten wieder. Konfrontation und Repression rücken wieder in den Vordergrund der Diskussion.
Immerhin klingt es mindestens in gewissen Medien unterdessen ein bisschen anders als bei ähnlichen Massnahmen in der Vergangenheit: Plötzlich scheint es salonfähiger zu werden, solche Massnahmen wie die Schliessung von Fankurven als das zu betiteln, was sie sind: ungerechte Sippenhaft und unverdiente und unverhältnismässige und letztlich auch ineffektive Kollektivstrafen.
Hoffentlich hilft diese Einschätzung und Erkenntnis, den Druck auf die Politik und Behörden zu erhöhen, die trotz Rückschlägen in den letzten Jahre stabiler gewordene Situation nicht aufs Spiel zu setzen und nicht weiter an der Eskalationsspirale zu drehen.
Die Versuchung weiterer Eskalation dürfte bei den Behörden leider mit jedem neuen Vorfall grösser werden. Wächst doch bei ihnen die frustrierende Einsicht – insbesondere im Nachgang zu Vorkommnissen wie solchen vom letzten Sonntag in Zürich, die sich weit entfernt vom Stadion abspielten – dass all diese Massnahmen nicht zielführend sind.
Zielführend kann einzig die Wiederherstellung und Fortführung des bis heute eingeschlagenen Wegs sein – nicht nur in Basel, sondern in der ganzen Schweiz.
***
Zur Autorin: Elisabeth Schneider-Schneiter ist Nationalrätin für die Mitte des Kanton Basel-Landschaft, Präsidentin der Handelskammer beider Basel und Vorstandsmitglied von Economiesuisse.