Iran feiert Kantersieg beim ersten Stadionbesuch der Frauen
Irans Frauen durften erstmals nach fast 40 Jahren ins Fussballstadion. Von ihrer Nationalmannschaft bekamen sie dann auch gleich ein Schützenfest als Geschenk - und einen speziellen Dank.
Das Wichtigste in Kürze
- Irans Fussballer um Kapitän Massud Schodschaei gingen nach dem Abpfiff zu den Frauentribünen und bedankten sich bei ihren neugewonnen weiblichen Fans.
Zum ersten Mal nach fast 40 Jahren haben Frauen in der Islamischen Republik Iran ungehinderten Zutritt in ein Fussballstadion erhalten. Dort erlebten sie dann auch gleich ein Tor-Festival ihrer Nationalmannschaft.
Auf das 14:0 (7:0) des Iran gegen die überforderten Kambodschaner reagierten die Frauen mit Ovationen für ihr Team und «Danke Jungs»- Sprechchören. Beim Verlassen des Stadions riefen die Frauen dann alle gemeinsam: «Asadi (Stadion), bleib uns erhalten bis zum nächsten Mal.» Für das WM-Qualifikationsspiel gegen Kambodscha kamen Medienberichten zufolge zwischen 3500 und 4000 Frauen erstmals mit einem frei zu kaufenden Ticket ins Asadi Stadion in Teheran.
Das Ergebnis und das Spiel waren aber für die Frauen zweitrangig. Für sie war es mehr ein grosser Erfolg in ihrem jahrzehntelangen Kampf gegen die strengen islamischen Vorschriften des erzkonservativen Klerus und gegen ihre Diskriminierung im Land. «Der 10. Oktober 2019 wird für immer einen speziellen Platz im Kalender der Frauen haben», schrieb die staatliche Nachrichtenagentur IRNA.
Auch zahlreiche iranische Fussballer hatten sich für die Aufhebung des fast 40-jährigen Stadionverbots eingesetzt, unter ihnen Irans Rekordnationalspieler und ehemaliger Bundesliga-Profi Ali Daei. «Gott sei Dank, dass den Frauen dieses minimale Recht endlich gewährt wurde ... obgleich auf Druck der FIFA», schrieb Daei auf seiner Instagram-Seite. Der Fussball-Weltverband hatte dem Iran indirekt mit einem Ausschluss von der WM 2022 in Katar gedroht, falls Frauen der Zutritt ins Stadion weiterhin verboten werden sollte.
FIFA-Präsident Gianni Infantino sprach von einem «sehr positiven Schritt nach vorn». Es gebe kein Zurück mehr, betonte Infantino und dankte vor allem den iranischen Mädchen und Frauen, die sich mutig für ihre Rechte eingesetzt hätten.
Schon vier Stunden vor dem Spiel kamen die Frauen mit Iran-Flaggen umhüllt und «Victory»-Zeichen im Asadi Sportkomplex an. Einige von ihnen weinten gar vor Glück. Unter dem Hashtag «Komm mit mir ins Stadion» reflektierten sie mit Bildern und Videos ihren ersten Stadionbesuch - und den damit verbundenen historischen Tabubruch.
Für die Frauen hatte das Sportministerium vier separate Tribünen mit einer Kapazität von ungefähr 4000 Sitzen errichtet. Ausserdem wurden extra für die Frauen weibliche Polizisten, Notärzte und Stadionführer eingesetzt. Die Frauen-Tickets war in kürzester Zeit ausverkauft. Daher fordern die Frauen für die nächsten Spiele zumindest zwei weitere Tribünen und ein höheres Ticketkontingent.
Für Kritik sorgten die extra für das Spiel umgebauten Zäune, die die vier Frauentribünen von denen der Männer trennen sollen. «Wollt ihr uns etwa in einen Käfig sperren, um uns vor den Männern zu schützen», protestierte eine Iranerin auf Twitter. Ausserdem fordern sie vom Sportministerium Familien- und nicht nur Frauentribünen, damit auch ihre Ehemänner und Söhne sie begleiten können.
Wegen der Frauen-Premiere war auch das Medieninteresse sehr gross. Es gab jedoch Einschränkungen seitens der Behörden. Weiblichen Fotografen wurden keine Akkreditierungen gewährt, obwohl dies vom Sportministerium vorher versprochen worden war. Die männlichen Fotografen und TV-Teams durften zudem keine Bilder der Frauen vom Betreten des Stadions machen.