Fussball-Talk: «Gut gewürfelt, FCB-Boss David Degen!»
In der U21-Nati überzeugen neben Zeki Amdouni zwei Verteidiger. Und beim FCB darf sich Club-Boss David Degen die Hände reiben. Willkommen beim Fussball-Talk.
Das Wichtigste in Kürze
- Die U21-EM endet für die Schweizer im Viertelfinal gegen Spanien.
- Der FCB verkauft Andy Diouf – und nimmt wohl bald noch mehr Millionen ein.
- Beim FC Luzern verstärkt man die Offensive, auch bei GC sind Transfers geplant.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Mit einem heroischen Kraftakt zwingt die U21-Nati Spanien an der EM in die Verlängerung, scheidet dann aber trotzdem aus. Euer Turnier-Fazit?
Mischi Wettstein: Dass man sich nach einem 1:4 gegen Frankreich noch qualifizieren konnte, kam sicher überraschend. Aber darüber jammern muss man nicht: Die Norweger und die Italiener haben schliesslich auch nur ein Spiel in der Gruppenphase gewonnen.
Die Schweizer U21 hat es gegen die schlichtweg besseren, aber nicht glänzenden Spanier ganz respektabel gemacht. Aber es hätte schon fast schneien müssen, damit es dem Team von Patrick Rahmen zu mehr gereicht hätte. Unter dem Strich war die Leistung versöhnlich, man kann ohne Schmach nach Hause reisen. Nicht mehr und nicht weniger.
Christoph Böhlen: Man sah vielen Akteuren an, dass sie nach der langen Saison überspielt waren. Und gerade in der Defensive konnte das Team von Patrick Rahmen zu lange nicht auf dem nötigen Niveau agieren. Dass auch gegen die grossen Teams mehr dringelegen wäre, zeigen zum Beispiel die Ukrainer, die Top-Favorit Frankreich aus der EM geworfen haben. Mit nur einem Sieg aus vier Spielen ist das Abschneiden unserer U21-Nati für mich eher enttäuschend ausgefallen.
Nau.ch: Wer sind für Euch die Gewinner und Verlierer im Schweizer Team?
Christoph Böhlen: Ganz klar YB-Verteidiger Aurèle Amenda (19). Der 1,94-Meter grosse Jungspund hat der U21-Nati das gebracht, was in den ersten beiden Spielen fehlte: Physis! Mit ihm wirkte die Defensive der Schweiz deutlich konkurrenzfähiger. Im Umkehrschluss hätte ich gegen Norwegen und Italien mehr von Marco Burch (22) erwartet. Dem FCL-Verteidiger merkte man die Erfahrung von fast 100 Spielen für die Luzerner nicht an.
Mischi Wettstein: Bei Amenda gebe ich dir recht. Mich hat der Servettien Nicolas Vouilloz (22) überrascht, der gefiel mir gut – und dabei ist Aussenverteidiger gar nicht seine Hauptposition. Beeindruckend: Zeki Amdouni liefert einfach immer. Dafür haben wir von einigen Spielern mit bekannteren Namen eher weniger gesehen, als erwartet.
Nau.ch: Amdouni dürfte nächste Saison kaum noch für den FCB spielen, Andy Diouf ist auch schon weg. Dem FCB droht eine Abgangswelle – aber es winkt auch ein Millionensegen?
Mischi Wettstein: Wenn das mit den 15 Millionen für Diouf stimmt, wird sich auch die Ablöse von Amdouni in ähnlicher Grössenordnung bewegen. Und auch Ndoye hat gezeigt, dass er einen nächsten Schritt machen könnte. Stimmt die Höhe des Angebots, dürfte zudem auch Verteidiger Calafiori auf dem Sprung sein. Das wird den Kassier beim FCB bestimmt freuen.
Das FCB-System hat etwas vom kalkuliertem Würfeln: Man kann gewinnen, aber auch nicht immer zwei Sechser pro Wurf erwarten. Doch dieses Mal hat es funktioniert, bei den beiden Transfer-Perlen Zeki Amdouni und Andy Diouf haben die Bebbi einen Top-Job gemacht. Das ist kein Zufall, dafür darf man dem Team um Club-Boss David Degen ein Kränzchen winden. Vom Millionen-Segen wird der FCB bestimmt einen Teil in die Mannschaft re-investieren.
Christoph Böhlen: Vor allem braucht es im Angriff neue Kräfte, der Umbruch scheint jetzt doch grösser zu werden als geplant. Für Trainer Schultz ist das gar nicht so einfach. Er wird zum Saisonstart kaum auf eine vollständige Mannschaft zählen können. Ein Aber bleibt: Was ist, wenn es einmal eine Saison ohne «Trüffel-Fund» à la Diouf gibt? Das System bleibt für mich ein Tanz auf der Rasierklinge.
Nau.ch: Apropos neue Kräfte für den Angriff: Der FC Luzern hat in der letzten Woche ziemlich aufgerüstet?
Mischi Wettstein: Dass Kevin Spadanuda zum FCL wechselt, ist weder Zufall noch die ganz grosse Überraschung. Schon vor dessen Wechsel von Aarau nach Ajaccio waren die Luzerner an ihm interessiert. Und Kemal Ademi kennt die Schweiz – und weiss möglicherweise noch, wo die Tore in der Super League stehen. Teddy Okou ist ein spannender Transfer, der aber in einer höheren Liga zuerst die hohen Erwartungen erfüllen muss.
Nau.ch: Was ist Euch sonst noch aufgefallen?
Mischi Wettstein: Nach der Verkündung des neuen Präsidenten Matt Jackson soll es bei GC auch mit der Kaderplanung vorwärts gehen. Wie man hört, sind bald neue Spieler für GC-Trainer Bruno Berner im Anflug. Einerseits sollen diese aus dem Wolverhampton-Kosmos stammen – aber nicht nur. Je ein Innenverteidiger aus Holland und aus Lettland sollen ein Thema sein. Auch ein Rechtsverteidiger und ein Flügelspieler sollen kommen. Aber lassen wir uns überraschen, wer am Ende dasteht.*
Und beim FCZ hat die Nicht-Verpflichtung von Admir Mehmedi für Aufsehen gesorgt. Gleichzeitig haben die Zürcher ja den Israeli Arad Bar (23) geholt, der aktuell an der U21-EM für Furore sorgt. Schlägt der ein, kräht kein Hahn mehr nach Admir. Falls es aber nicht läuft, kann es für Trainer und Interims-Sportchef Bo Henriksen zum Bumerang werden. Auch wenn klar ist: Alleine hat er diesen Entscheid sicher nicht gefällt.
Christoph Böhlen: Ich mag Admir Mehmedi und hoffe, er schlägt seine Zelte doch noch mal in der Super League auf. Vielleicht bei Jugendclub Winterthur?
Mich hat dafür YB mit dem Transfer von Saidy Janko überrascht. Mit der Rückkehr des Aussenverteidigers endet die Geschichte doch noch mit einem Happy-End. Schliesslich hätte er bereits 2020 nach seiner Leihe bleiben wollen, doch Porto verlangte damals zu viel Ablöse. Jetzt unterschreibt er beim Double-Sieger für vier Jahre und passt mit seiner Physis perfekt ins YB-Kader.
* = noch am Montag Nachmittag hat GC den ersten dieser Transfers bestätigt. Der lettische Nationalverteidiger Kristers Tobers (22) kommt vom polnischen Club Lechia Gdansk zu den Hoppers. Er unterschreibt für zwei Jahre, das Arbeitspapier beinhaltet eine Option auf Verlängerung.