«Justiz wird immer wichtiger»

Samantha Zaugg
Samantha Zaugg

Wil,

Ein Gerichtsurteil bewegt die Gemüter im Amateurfussball. Ein Goalie wird wegen einem Foul verurteilt. Müssen sich Hobbyfussballer in Zukunft vor dem Strafrichter fürchten? Nein, sagt der Rechtsexperte des Schweizerischen Fussballverbands.

Robert Breiter leitet den Rechtsdienst des SFV.
Robert Breiter leitet den Rechtsdienst des SFV. - Schweizerischer Fussballverband

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein 20-jähriger Hobby-Fussballer wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.
  • Es wird befürchtet, dass Hobbyfussballer sich bei Fouls vor dem Richter verantworten müssen
  • Der Rechtsexperte vom Schweizerischen Fussballverband sieht die ganze Affäre entspannt

Ein Viertligaspiel in der Ostschweiz. Zweikampf zwischen Goalie und Stürmer. Letzterer trägt einen Schienbeinbruch davon. Drei Monate Arbeitsunfähig, nie wieder Fussball spielen. Für das Wiler Kreisgericht ist klar: Das ist fahrlässige Körperverletzung. Der 20-jährige Goalie wird zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Macht diese Praxis nun Schule? Robert Breitner, Leiter der Rechtsdienstes des SFV im Interview.


Nau: Robert Breiter, werden sich solche Fälle in Zukunft häufen?

Robert Breitner: Nein, ich denke nicht, dass diese Praxis Schule macht. Ich selber habe in meiner 15-jährigen Karriere vielleicht von einer Hand voll solcher Fälle gehört. Alle endeten jeweils in einem Freispruch. Dieses Urteil ist somit eine Ausnahme und darf nicht als Präzedenzfall gesehen werden, umso mehr als es noch nicht rechtskräftig ist und kein Fall gleich ist wie der andere.

Der Schweizerische Fussballverband hat Spielregeln und eine eigene Verbandsjustiz um solche Fälle zu regeln. Ist es unverhältnismässig, dass sich ein Gericht mit dem Fall befasst?
Nein, bei schweren Vergehen begrüssen wir das sogar. Jeder Fall braucht eine individuelle Beurteilung. Es kann durchaus sein, dass das Strafrecht auch bei einem Fussballspiel angewendet werden kann. Der Fussballplatz ist trotz allem kein rechtsfreier Raum. Insofern ist es für uns in Ordnung, wenn genau hingesehen wird wenn eine böswillige Aktion vorliegt.

Der Unterschied zwischen einem harten Foul und einem Böswilligen lässt sich aber nicht exakt festlegen. Wie wird differenziert?
Da stehen Schiedsrichter und Richter vor der gleichen Herausforderung. Vieles ist eine Ermessensfrage. Und so sind auch die Entscheide unterschiedlich. Ein anderer Richter hätte den Fall vielleicht anders beurteilt. Der Beschuldigte hat die Möglichkeit sich das zu Nutze zu machen: Er kann den Fall weiterziehen. Das ist ja der Sinn der dreistufigen Justiz.

Es ist ein zeitgenössisches Phänomen: Die Justiz gewinnt immer mehr Einfluss. Ist diese Tendenz auch beim Fussball zu beobachten?
Heute ist es in der Tendenz tatsächlich so, dass es für alles einen Schuldigen braucht. Wenn sich jemand das Bein bricht, dann muss jemand schuld sein. Das ist schon eine Tendenz in der Gesellschaft. In diesem Sinn, ja, die Justiz spielt auch im Hobbyfussball eine grössere Rolle. Diese Bewegung lässt sich auch in den USA beobachten. Dort ist das noch viel extremer. Von den amerikanischen Verhältnissen sind wir im Amateurfussball aber noch weit entfernt.

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Schnee
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