Tuchels Gelassenheit in der Causa Neymar
Für PSG-Trainer Thomas Tuchel ist es erstmal so wie immer. Neymar ist einer seiner Spieler. Wie lange noch, das weiss der deutsche Chefcoach des französischen Meisters Paris Saint-Germain nicht. Aus der Ruhe bringt ihn die Situation allerdings auch nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Thomas Tuchel wirkt weder aufgebracht noch sauer oder gar zornig.
Auf den drohenden Abgang seines Superstars Neymar reagiert der 45 Jahre alte Cheftrainer von Paris Saint-Germain mit Gelassenheit. «Völlig entspannt» sei er, betont Tuchel in Dresden.
Die Zeit drängt, draussen wartet bereits eine Polizeieskorte, die die PSG-Delegation nach dem 6:1-Sieg gegen die SG Dynamo zum Flughafen bringen soll. Tuchel aber nimmt sich einige Minuten und beantwortet freundlich die Fragen - auch nach seinem divenhaften Superstar. «Für mich es ganz normal zwischen uns. Solange er bei uns ist, trainiert er mit, als würde er bei uns bleiben», sagt Tuchel. «Es ändert sich eigentlich nichts.»
Seit dem 15. Juli ist Neymar wieder dort, wo er nicht mehr sein will: in Paris bei Saint-Germain. Er wisse, dass Neymar weg wolle, bestätigte Tuchel den Wechselwunsch des Brasilianers weder mit Enttäuschung noch mit Groll. Es war nicht mehr als eine Feststellung.
Der ehemalige Trainer des FSV Mainz 05 und von Borussia Dortmund gehört in der Causa Neymar aber auch nicht zu den handelnden Personen im vermögenden PSG-Reich. «Es ist eine Sache zwischen dem Verein und Neymar», sagt Tuchel französischen Medien. Er sei nicht in die Gespräche eingebunden. «Ehrlich gesagt, weiss ich nicht, was passieren wird», sagt Tuchel. Prinzip laissez-faire.
Wie die französische Sportzeitung «L'Équipe» berichtete, soll PSG-Sportdirektor Leonardo bei einem dieser Gespräche, in die Tuchel nicht involviert ist, Neymar klargemacht haben, dass der Verein ihn nicht gehen lassen wird, solange nicht ein akzeptables Angebot für ihn vorliege. Zur Erinnerung: Für die Dienste des exzentrischen Brasilianers zahlte PSG vor zwei Jahren die irrwitzige Rekordablösesumme von 222 Millionen Euro an den FC Barcelona, zunächst von Neymar selbst hinterlegt.
Alle Varianten, die bisher als Angebot kolportiert wurden, scheinen den Parisern noch zu missfallen. Immer wieder ist die Rede von 40 Millionen plus zwei Spieler, so dass der Gesamtwert die 222 Millionen Euro übertreffen würde. Laut «L'Équipe» soll es sich bei dem von Neymars Wunschverein FC Barcelona angebotenen Duo weiterhin um Philippe Coutinho, aber nun zusätzlich um Kroatiens Vizeweltmeister Ivan Rakitic handeln anstelle von Ousmane Demebélé. «Ein sehr schlechter Deal», titelte das Sportblatt auf Seite eins aber auch.
Auch Neymars PSG-Kollegen sind gespannt, wie es weitergeht. Ein Weggang des Offensivspielers wäre ein grosser Verlust, versicherte 2014er-Weltmeister Julian Draxler, der beim Testspielsieg gegen die SG Dynamo Dresden einen Treffer beisteuerte. Mittlerweile ist es aber auch schwer vorstellbar, wie Neymar, dessen Vertrag bis Ende Juni 2022 noch gültig ist, in Paris bleiben will. Und dazu noch die Wertschätzung erfährt, die er sich offenbar wünscht.
In Dresden wurde Neymar dann auch nicht so vermisst. Dass die 30.000 Zuschauer im Rudolf-Harbig-Stadion auch ohne ihn einiges geboten bekamen, lag an einem 20-Jährigen, der vor zwei Jahren für 180 Millionen Euro von der AS Monaco zu PSG kam. «Ohne Neymar kann der Pariser Club auf Kylian Mbappé zählen», schrieb «L'Équipe». «Mbappé hat seinem Coach gezeigt, dass er bereit ist», meinte «Le Parisien».
Ohne die Kapriolen eines Neymar machte Mbappé, was er am besten kann: mitreissenden Fussball spielen. Zwei Tore erzielte er selbst, zwei bereitete er vor. Mit respektvollem Applaus verabschiedeten sogar die Dresdner Fans den pfeilschnellen französischen Fussball-Weltmeister. Davon kann Neymar im Moment wohl nur träumen.