Soziologe: GC Fans «können sich in Zürich nicht sicher fühlen»
Die Fan-Szene in Zürich droht zu eskalieren – FCZ-Ultras verwüsteten am Züri-Fäscht einen Stand von GC. Soziologe Maurice Illi warnt vor einem «Vulkan».
Das Wichtigste in Kürze
- Am Züri-Fäscht ging eine Gruppe von FCZ-Anhängern auf einen GC-Stand los.
- Der Soziologe Maurice Illi warnt im «NZZ»-Interview vor einem «Vulkan» in der Fan-Szene.
- Eine Gruppe von FCZ-Anhängern habe sich in den letzten Jahren radikalisiert.
Es war der grosse Aufreger am Züri-Fäscht: Eine Gruppe von FCZ-Ultras greift einen Stand von GC an, verwüstet ihn, setzt sogar Pfefferspray ein. Ein neuer, unschöner Tiefpunkt in einer zunehmenden Radikalisierung der Zürcher Fan-Szene.
Die führt auch bei Experten zu Besorgnis. Der Soziologe und Sicherheitsberater Maurice Illi warnt im Interview mit der «NZZ» vor einer Eskalation. «Ein Teil der FCZ-Ultras hat sich in den letzten Jahren radikalisiert. Diese Gruppe agiert militant und schreckt vor Aktionen gegen wehrlose, unbeteiligte Gruppen nicht zurück.»
«Der FCZ hat mehr Fans angezogen als GC»
Der Stand von GC am Züri-Fäscht sei ihnen als «ein lohnendes Ziel, ein gefundenes Fressen» erschienen. «Es ist traurig, dass es so weit gekommen ist», so Illi. «Ich verfolge Sicherheitsfragen rund um Fussballspiele seit über zwanzig Jahren. Diese Entwicklung ist neu und erschreckend.»
Der Experte sieht auch ein Ungleichgewicht zwischen den beiden Fan-Lagern. «GC-Sympathisanten können sich in Zürich heute nicht mehr sicher fühlen. Wer mit Hopper-Shirt durch die Stadt geht, braucht ein gesundes Selbstbewusstsein. Das sollte für Präventions- und Sicherheitsfachleute ein Alarmsignal sein.»
Der Anteil an problematischen Anhängern sei aber klein. «Wer mir Sorgen bereitet, sind neue, vielfach sehr junge Ultras zwischen 15 und 20 Jahren. Sie kennen die alten Regeln nicht und wollen durch immer ruchlosere Aktionen ausserhalb der Stadien auffallen», meint der Soziologe.
«Die Verhältnisse in Zürich sind zurzeit klar: Der FCZ hat in den letzten Jahren viel mehr junge Fans angezogen als GC», so Illi. «Wegen des schnellen Wachstums und des Unterbruchs der Corona-Jahre konnten viele Junge nicht genügend in der Kurve sozialisiert werden.»
«Die Schweizer Fan-Szene ist wie ein Vulkan»
Illi sieht problematische Haltungen in der Fan-Szene. «Wer die falschen Vereinsfarben unterstützt, wird zum Feind, zum Unmenschen degradiert. Dagegen sollten sich alle vernünftigen Fans wehren. Den Vereinsverantwortlichen und Profispielern sollte das bewusst sein.»
«Die Fan-Szene in der Schweiz ist wie ein Vulkan, der vor sich hin köchelt und alle paar Jahre heftig ausbricht. Dann folgen jeweils die üblichen Floskeln», kritisiert der Soziologe. «Man verurteilt Gewalt, bildet Arbeitsgruppen, holt alte Ideen aus der Schublade und verstaut sie nach ein paar Monaten wieder darin. Das ist ärgerlich.»