12 Jahre ist es her, dass Anita Weyermann (42) vom Spitzensport zurückgetreten ist. In Erinnerung bleibt auch ihr legendärer Spruch «Gring ache u seckle».
Anita Weyermann
Anita Weyermann zeigt stolz ihre Medaille auf der Akropolis in Athen im Jahr 1997. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Anita Weyermann gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Leichtathletinnen.
  • Dem aktiven Leistungssport hat sie vor Jahren den Rücken gekehrt.
  • Dennoch ist die heute 42-Jährige bei vielen Fans noch in bester Erinnerung.
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Nau.ch: Mittlerweile sind Sie Mutter von vier Kindern, bleibt da überhaupt Zeit, um einmal runterzufahren?

Anita Weyermann: Das ist vielleicht meine grösste Schwäche. Man muss ein wenig einen Knacks haben, um Leistungssportler zu werden, um sich so für etwas einzusetzen und zu begeistern.

Bei meinen Verletzungen hatte ich vielleicht zu wenig Geduld. Ich bin zufrieden, wenn immer etwas läuft. Vielleicht täte es mir gut, wenn ich etwas weniger machen würde. Aber ich richte meine Arbeitszeiten halt nach meinen Kindern.

Nau.ch: Bringen Sie Ihren Kindern den Sport näher?

Anita Weyermann: Mir ist es wichtig, dass meine Kinder viel draussen sind. Und es freut mich, wenn sie Freude an der Bewegung haben. Wir werden sie aber nicht extrem pushen. Es soll alles freiwillig bleiben.

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Anita Weyermann mit Vater und Trainer Fritz beim Meeting in Meilen 2003. - Keystone

Nau.ch: Hoffen Sie, dass Ihre Kinder später in Ihre Fussstapfen treten werden?

Anita Weyermann: Ich weiss, wie viel es braucht, um Spitzensportler zu werden. In der Schweiz ist es ein Glücksfall, wenn man den Sport als Beruf bezeichnen kann. Man muss ja dann auch noch arbeiten, bis man pensioniert wird.

Falls meine Kinder auf den Leistungssport setzen wollen, hätten sie sicher meine Unterstützung. Es freut mich, wenn jemand Ambitionen hat. Aber ich bin auch glücklich, wenn sie es nicht machen. Hauptsache sie sind glücklich mit ihrem Leben.

In der Öffentlichkeit wurde früher gesagt, dass mich meine Eltern ebenfalls gepusht hätten. Das stimmt aber überhaupt nicht. Im Gegenteil, sie mussten mich teilweise bremsen, weil ich zu viel machen wollte.

Wenn mich meine Eltern bestrafen wollten, haben sie mir das Training verboten.

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Anita Weyermann setzt sich bei der Athletissima in Lausanne 1997 kraftvoll gegen die Algerierin Hassiba Boulmerka und die Kanadierin Leah Pells durch. - Keystone

Nau.ch: Sie mussten 2008 verletzungsbedingt vom Spitzensport zurücktreten, was war das für ein Gefühl?

Anita Weyermann: Das hat sich bei mir abgezeichnet, da ich bereits eine grössere Knie-Operation hinter mir hatte. Danach war es mir nicht mehr möglich, nochmal an mein vorheriges Niveau heranzukommen.

Ich wollte eigentlich nach der Saison und den Olympischen Spielen aufhören. Mir war immer bewusst, dass meine Karriere nicht ewig dauern wird. Ich hätte einfach gerne einen gebührenden Abschied gehabt.

Im Dezember zog ich mir bei einem Stadtlauf einen Muskelriss zu. Danach legte ich in Australien, wo ich eine Trainingsgruppe, hatte, eine Pause ein. Eine Kollegin von mir verbrachte einen längeren Aufenthalt dort, deshalb wollte ich mit ihr einen Monat reisen.

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Anita Weyermann gewann an der WM 1997 über 1500m sensationell Bronze. - Keystone

Ich ging dann in Australien zu Physio-Therapeuten und begann mit dem Training. Als ich mich dann in der Schweiz nochmals richtig untersuchen liess, wurde klar, dass der Muskel immer noch gerissen war. Die nächste Saison war als also ebenfalls im Eimer. Nach dem Termin beim Arzt habe ich schnell entschieden, aufzuhören.

Nau.ch: Was vermissen Sie am Spitzensport?

Anita Weyermann: Ich suchte nach meiner Karriere andere Dinge, die ich machen konnte und schloss mein Studium ab. Danach schickte ich viele Bewerbungen.

Mit meinem damaligen Freund und heutigen Mann reiste ich nach Amerika. Der Chefredakteur von Radio BEO hielt bis ich zurückkehrte mir eine Volontariatstelle offen. Ich ging mich nach Interlaken vorstellen und wurde schliesslich angestellt. Also ich habe zuerst ein Jahr Volontariat gemacht und daneben an der Fernuni Hagen mein Studium abgeschlossen.

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Anita Weyermann arbeitet heute beim Radio BEO. - zVg

Es wurde mir nie langweilig. Ich hatte keine Zeit, den Spitzensport zu vermissen. Ein paar Jahre nach meinem Rücktritt, hatte ich wenig mit der Bahn-Leichtathletik zu tun. Aber ich habe nie gesagt, dass ich das Stadion meiden werde, weil es mir immer Spass gemacht hat.

Nau.ch: Treiben Sie heute immer noch Sport?

Anita Weyermann: Nach meinem Karrieren-Ende habe ich nahtlos eine Mittel- und Langstrecken-Trainingsgruppe – wo ich davor selber trainiert habe – geleitet. Die Jugendlichen haben trainiert und ich bin mit gerannt. Es war also kein krasser Stopp.

Einen Monat vor der Geburt unseres ersten Kindes sind wir aus der Stadt Bern weggezogen. Deshalb haben wir als Trainer in der GGBern aufgehört. Damals wohnten wir noch zehn Jogging-Minuten vom Stadion Neufeld entfernt.

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1999 wurde Weyermann zur Sportlerin des Jahres gekürt. - Keystone

Nau.ch: Wie oft bekommen Sie Ihren legendären Spruch «Gring ache u seckle» zu hören?

Anita Weyermann: Oft kommt den Leuten, wenn sie mich sehen, der Spruch sogar vor meinem Namen in den Sinn.

Ich werde auch oft gefragt, ob mich der Spruch stört ... Nein, ich darf ja auch etwas stolz sein, dass man ihn nach über 20 Jahren noch braucht.

Nau.ch: Sie bieten heute Gesundheits- und Leistungsberatungen an – für welches Zielpublikum?

Anita Weyermann: Für Hobby- bis ambitionierte Läufer mache ich Trainingspläne. Ich organisiere auch Laufferien in Sardinien, die allerdings wegen Corona ebenfalls nicht stattfinden konnten. Im Moment arbeite ich an einem Vorbereitungsprogramm für den anstehenden Gurtenlauf, für den man sich seit Kurzem anmelden kann.

Zwei- bis dreimal im Jahr gehe ich auch mit an die Wettkämpfe. Ich denke mir dann auch: Man wird nur schneller, wenn man sich weh tut. Für viele Leute ist es einfacher, wenn sie es in Gruppen machen können.

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Weyermann mit ihrem Mann Roland Salzmann bei den Sports Awards 2013. - Keystone

Nau.ch: Wie wichtig war Ihnen der berufliche Werdegang neben der Leichtathletik?

Anita Weyermann: Ich wusste, dass ich nicht bis zu meiner Pensionierung Leichtathletik machen würde. Ich hatte früh Erfolg und wechselte vom öffentlichen Gymer in die Feusi (heute Sportgymer). Ich durfte ein Jahr länger für die Matura haben. Ich hatte mehr Freistunden, in denen ich Lauftrainings absolvieren konnte.

Nach der Matura fing ich mit dem Sport-Studium an, was sich aber nicht mit dem Leistungssport vereinbaren liess. Also habe ich dann ein Fernstudium an der Uni Hagen begonnen. Egal, als was man am Ende arbeitet, ein Diplom schadet nicht. Heute arbeite ich gerne beim Radio, wo ich noch zu 20 Prozent angestellt.

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Anita Weyermann ist vor 12 Jahren vom Spitzensport zurückgetreten. - zVg
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