Das CAS-Urteil im Fall Caster Semenya ist brutal, aber richtig
In einem so komplexen Fall wie dem von Caster Semenya gibt es nur falsche Entscheidungen. Aber eine Entscheidung war notwendig. Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Sportgerichtshof CAS urteilt, dass die Testosteron-Richtwerte des IAAF gültig sind.
- Caster Semenya muss ihre Werte senken, um weiter als Frau starten zu dürfen.
Das Urteil des internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne erklärt die Testosteron-Richtwerte des Weltverbandes IAAF für gültig. Oder vielmehr, für nicht ungerechterweise diskriminierend. Das ist ein brutales Urteil, aber ein richtiges.
Es schliesst nämlich Caster Semenya (28) ohne ihr eigenes Verschulden vom Wettkampf aus!
Es sei denn, die Südafrikanerin nimmt Medikamente zu sich, deren Folgen für ihre Gesundheit nicht absehbar sind.
Das Urteil ist aber ebenso notwendig. Denn: Ein Urteil im Sinne Semenyas hätte zahlreiche Frauen benachteiligt. Jene, die trotz jahrelangem, hartem Training gegen eine Sportlerin unterliegen, die – streng genommen – ein Sportler ist.
Und es hätte womöglich auch eine neue Welle an Doping-Fällen zur Folge gehabt. Weil sich Sportlerinnen gezwungen gesehen hätten, ihre Testosteronwerte auf das Level von Caster Semenya anzuheben.
Es waren die Interessen dieser Athletinnen, die den CAS wohl bewogen haben, das Urteil zu fällen, das er gefällt hat. Im Interesse der Fairness und zum Schutz der Integrität des Frauensports. Und selbst das Gericht erkennt an, dass die Regeln der IAAF diskriminierend sind. Notwendigerweise diskriminierend.
Es gibt gute Gründe, warum Frauen nicht gegen Männer antreten. Die körperlichen Vorteile, die Athleten gegenüber Athletinnen haben, schlagen sich überdeutlich in Rekorden und Jahresbestleistungen nieder.
Frauen zwingen, gegen – biologische – Männer anzutreten, heisst, dem Frauensport seine Daseinsberechtigung nehmen. Selbst das Expertenteam von Semenya erkennt den klaren Vorteil an: Ihre Testosteronwerte senken, hiesse für sie, über die 800 Meter sieben (!) Sekunden zu verlieren.
Das alles macht das Urteil im Fall Caster Semenya nicht weniger hässlich. Aber es macht nachvollziehbar, warum es fallen musste.
Und es unterstreicht, dass der Dualismus der Geschlechter im Sport vielleicht langsam ausgedient hat.