Russlands Sport unter Druck: Bei WM unter neutraler Flagge
Kein sportliches Grossereignis mehr ohne Debatten und Entscheidungen rund um Russlands Sportler: Die dürfen auch bei der Leichtathletik-WM in Katar nur unter neutraler Flagge starten - und die WADA hat mal wieder viele Fragen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Internationale Leichtathletik-Verband will sich vom erneut aufflammenden Doping-Skandal in Russland nicht die WM-Stimmung verderben lassen.
«Kein Land ist grösser als diese Weltmeisterschaft», sagte IAAF-Präsident Sebastian Coe nach der Council-Sitzung in Doha. Bei den am Freitag beginnenden Titelkämpfen in Katars Hauptstadt werden nach Verbandsangaben 30 russische Sportler unter neutraler Flagge starten. Der nationale Verband der einstigen Leichtathletik-Grossmacht bleibt gesperrt.
Die Entscheidung sei einstimmig gefallen. Sie stütze sich auch auf die Daten, die der Weltverband von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA bekommen habe, sagte der norwegische Task-Force-Chef Rune Andersen. «Wir haben die Fakten noch nicht, aber wir vertrauen den Informationen.»
Russland habe die Bedingungen für eine Wiederzulassung nicht erfüllt. Vorwürfe, wonach gesperrte Trainer weiter mit Athleten arbeiteten, hätten sich bewahrheitet. Dies würde die Integrität der Anti-Doping-Bemühungen des nationalen Verbandes RusAF in Frage stellen.
Innerhalb von drei Wochen müssen die Verantwortlichen in Russland auf die jüngsten Vorwürfe zu angeblichen Manipulationen im Moskauer Dopinglabor antworten. «Sollte sich bewahrheiten, dass gefälschte Daten aus dem Moskauer Labor an die WADA übermittelt wurden, dann hat der russische Sport jegliches entgegengebrachte Vertrauen verspielt», sagte Andrea Gotzmann, die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur, der Deutschen Presse-Agentur.
Die Russen müssen nun auch wieder mit Blick auf die Olympischen Spielen im nächsten Jahr in Tokio bangen. Die IAAF ist die letzte internationale Sportorganisation, die den im November 2015 verfügten Bann Russlands noch nicht aufgehoben hat. «Die Situation ist sehr ernst», sagte Stanislaw Pozdnjakow als Chef des Nationalen Olympischen Komitees Russlands.
Der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA und dem russischen Sportministerium seien Kopien der Berichte der WADA und von unabhängigen Experten zur Verfügung gestellt worden, teilte die WADA-Exekutive nach ihrer Sitzung wenige Stunden vor der IAAF-Entscheidung in Tokio mit. Allerdings habe es auch «gute Fortschritte» bei der Analyse der Moskauer Labordaten gegeben.
Nach einer dreijährigen Sperre hatte die WADA den Bann am 20. September 2018 aufgehoben - mit der Auflage, dass Russland die Doping-Daten und -Proben aus den Jahren 2012 bis 2015 an die WADA übergibt. Dies ist aber erst nach einigem Zögern geschehen. «Die WADA hat eine Reihe von Fragen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. «Jetzt müssen wir einfach warten.»