Ferrari: In Maranello rückt das nächste Köpferollen näher
Das Wichtigste in Kürze
- Ferrari erlitt zum zweiten Mal in diesem Jahr eine schmerzhafte Pleite.
- Wie in Bahrain verlor Charles Leclerc kurz vor dem Rennende den Sieg.
Charles Leclerc wird sich auf schmerzliche Weise an den Grand Prix von Bahrain erinnert gesehen haben. Vom Start weg dominierte der Monegasse das Formel-1-Rennen in Österreich, nur um am Ende doch nicht Sieger zu sein. Anders als in der Wüstennacht in Bahrain war es diesmal aber kein technischer Defekt, der ihn den Sieg kostete.
Gegen den heranstürmenden Max Verstappen war Leclerc im Ferrari machtlos. Verstappen pflügte durchs Feld, saugte sich an, presste sich vorbei und eilte davon. Leclerc und die Scuderia konnten nur zusehen.
Da bleibt auch keine Freude darüber, dass man Mercedes zum zweiten Mal in dieser Saison im Griff hatte. Denn zum zweiten Mal in dieser Saison liess man sich die Butter kurz vor Schluss noch vom Brot nehmen. Leclercs Miene auf dem Podium sprach Bände.
Und der Frust bei Ferrari nimmt stetig zu, denn auch in Spielberg stand wieder eine Regel-Diskussion im Zentrum. Das Manöver von Verstappen gegen Leclerc zwei Runden vor Schluss war hart, aber fair. Trotzdem wurde verhandelt, letztlich aber keine Strafe ausgesprochen. Die Scuderia fühlt sich betrogen, nachdem eine kontroverse Strafe gegen Vettel den Sieg in Kanada gekostet hatte.
Vettel und Binotto bei Ferrari vor dem Aus
Dazu kommt die unterirdische Form der eigentlichen Nummer 1, Sebastian Vettel. Ein technischer Defekt kostete den Deutschen eine bessere Startposition. Ausrede für ein weiteres, bestenfalls unauffälliges Wochenende darf das keine sein.
Der Deutsche steht bei Ferrari vor dem Aus – ebenso wie Teamchef Mattia Binotto. Unter dessen Leitung ist die Scuderia sogar hinter Red Bull zurückgefallen, zumindest hinter die Hälfte des Bullen-Teams. Fast muss man sich bei Pierre Gasly bedanken, dass der Franzose in noch schlechterer Form ist als Vettel.
Deshalb steht in Maranello laut italienischen Medienberichten das nächste Köpferollen bevor. Vor allem an den Stühlen von Binotto und Chefstratege Inaki Rueda soll heftig gerüttelt werden. Ferrari-Chef John Elkann soll die Geduld verlieren, vor allem, weil das 2019er-Auto eine Fehlkonstruktion wurde.
Kaum Kandidaten für ein Ferrari-Cockpit
Und auch Vettel könnte ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages seinen Hut nehmen müssen. Die vielen Fehler des Deutschen haben ihn in Italien den Rückhalt verlieren lassen. An die von Vettel beschworene Rückkehr der Schumi-Dominanz glaubt niemand mehr.
Einzig an Leclerc wird zweifellos festgehalten. Dass der Monegasse Ferraris nächster Weltmeister ist, steht für Maranello ausser Frage. An seiner Seite könnte im kommenden Jahr aber jemand anderes sitzen.
Ein Kandidat wäre Valtteri Bottas, der bei Mercedes – wenn er nicht Weltmeister wird – gehen muss. Die Fahrerpaarung der Silberpfeile 2020 soll aus Lewis Hamilton und Esteban Ocon bestehen. Bottas wäre dann frei für einen Wechsel nach Italien.
Die Alternative ist eine Rückkehr von Kimi Räikkönen, zumindest für ein Jahr, bis passender Ersatz gefunden ist. Aber der Finne hat wenig Interesse daran, sich noch einmal dem Medienrummel bei Ferrari auszusetzen. Er blüht bei Alfa-Sauber auf und fühlt sich im Mittelfeld der Formel 1 pudelwohl.
Rückt Mick Schumacher in die Formel 1 auf?
Die dritte Option heisst Antonio Giovinazzi. Der Italiener kommt bei Alfa-Sauber zunehmend in Schwung, holte in Österreich seine ersten Punkte. Ein Italiener bei Ferrari wäre auch medial ein Bonus für die Scuderia. Allerdings wäre er bestenfalls ein Wasserträger für Leclerc, schlimmstenfalls ein Ballast wie Gasly bei Red Bull.
Rückt einer der Alfa-Sauber-Piloten auf, könnte sein Ersatz aus der Formel 2 kommen. Dort hat Ferrari mit Giuliano Alesi, Callum Ilott und Mick Schumacher gleich drei Junioren am Start. Alle drei könnten für das Sauber-Cockpit in Frage kommen.
Mittelfristig ist bei Ferrari ohnehin ein Fahrer-Duo Leclerc/Schumacher geplant. Der Name des Deutschen hat grosses Gewicht in Maranello. Und seine Leistungskurve geht nach einem schwierigen Saisonstart in der Formel 2 nach oben. Zuletzt brillierte Schumi Junior im Sonntagsrennen in Österreich mit einer Aufholjagd von Startplatz 18 auf den vierten Rang.