Ferrari: Teamchef Mattia Binotto schliesst Führungswechsel nicht aus
Den Start in die Formel-1-Saison hat Ferrari nach Strich und Faden verpatzt. Teamchef Mattia Binotto weiss, dass sein Stuhl wackelt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ferrari-Teamchef Mattia Binotto stehen schwere Wochen in Maranello bevor.
- Der 50-Jährige gibt zu: Bei Ferrari stehen auch organisatorische Änderungen zur Debatte.
- Hoffnung auf rasche Besserung stellt er den Tifosi aber nicht in Aussicht.
Viel schlechter hätte der Saisonstart für Ferrari kaum laufen können. Nach drei Rennen liegt die Scuderia in der Teamwertung nur auf Rang fünf. Neben Mercedes und Red Bull müssen sich die Roten auch hinter McLaren und Racing Point anstellen. Das erste rennfreie Wochenende seit dem Restart dient in Maranello daher vor allem zur Introspektive.
Und Teamchef Mattia Binotto gibt zu, dass auch ein Wechsel in der Teamführung nicht ausser Frage steht. «Wir werden alle Aspekte betrachten, sowohl beim Auto als auch bei der Teamorganisation», so der Italiener. «Was immer es ist, was wir verbessern müssen.»
Zwischen den Zeilen gibt der 50-Jährige zu: Er weiss, dass sein Stuhl wackelt. Bei Ferrari ist die Toleranz für anhaltenden Misserfolg bekanntlich gering. Nach dem Ende der Schumacher-Ära mussten das etwa Stefano Domenicali oder Maurizio Arrivabene erfahren. Binotto könnte der nächste Scuderia-Teamchef sein, der seinen Posten räumen muss.
Zuvor wird man bei Ferrari aber wohl versuchen, die Arbeitslast auf mehrere Schultern zu verteilen. Denn Binotto ist bei der Scuderia Teamchef, leitender Ingenieur, Fahrermanager et cetera in Personalunion. Neben den Aufgaben rund um das Rennteam muss der 50-Jährige auch die Entwicklung in Maranello überwachen.
Ferrari muss von der Konkurrenz lernen
Die Konkurrenz zeigt, wie es besser gehen könnte, etwa bei Mercedes und Red Bull. James Allison ist bei den Silberpfeilen seit langem Zeit technischer Direktor und rechte Hand von Toto Wolff. Der Brite hat wesentlichen Anteil an der Dominanz der deutschen Marke. Bei Red Bull teilen sich Adrian Newey und Technik-Chef Pierre Wache die Entwicklungsarbeit.
Auch die erfolgreichste Ferrari-Ära rund um Michael Schumacher baute auf ein solches Konzept. Jean Todt leitete das Team an der Strecke, Ross Brawn war für die Rennstrategie verantwortlich. Hinzu kam mit Rory Byrne noch ein Chefkonstrukteur, der alle sieben Weltmeister-Autos des Deutschen baute.
Mittelfristig muss Binotto also wohl Kompetenzen abtreten, will er Ferrari zurück an die Spitze führen. Und von den Tifosi wird Geduld verlangt, denn diese und wohl auch die nächste Saison werden ein hartes Pflaster. Die Fahrzeugentwicklung ist weitgehend eingefroren, was das Aufholen mit dem verkorksten SF1000 erschwert.
«Es wird Zeit brauchen»
«Sicherlich macht es unseren Job schwieriger, dass wir nicht völlige Freiheit haben», weiss Binotto. «Wir werden erst wissen, wie weit wir aufholen können, wenn wir verstehen, warum wir so langsam sind. Dafür ist es noch zu früh. Wir werden uns zuerst darauf fokussieren, das Auto zu verstehen.»
Die Hoffnungen auf rasche Genesung erstickt der Italiener aber im Keim. «Es wird eine lange Zeit dauern, weil das nichts ist, was man in ein paar Wochen angehen kann. Also denke ich, dass Geduld gefragt sein wird. Wir müssen uns in allen Bereichen verbessern, weil wir in allen Bereichen zu langsam sind.»
«Das ist nichts, was ein einfacher Trick beheben kann, oder eine einfache Lösung oder ein einfaches Paket. Es wird Zeit brauchen», so Binotto. «Wie viel Zeit? Darauf habe ich noch keine Antwort.»