Formel 1 – Ross Brawn: «Als Fahrer steckst du in einer Blase»
Als Kommandostand-Superhirn hatte Ross Brawn grossen Anteil an den sieben WM-Titeln von Michael Schumacher. Heute leitet der Ex-Ferrari-Stratege die Formel 1.
Das Wichtigste in Kürze
- Ross Brawn war selbst Stratege bei Ferrari und Teamchef von Mercedes.
- Heute leitet der Brite die sportlichen Geschicke der Formel 1.
- Für das Reifen-Drama bei Mercedes während des Türkei-GP hat er Verständnis.
Die schwierigen Wetterbedingungen machten den Türkei-GP der Formel 1 zu einer besonderen Herausforderung. Sebastian Vettel etwa riskierte einen Wechsel auf Trockenreifen – für genau eine Runde, dann brach er das Experiment wieder ab.
Aber auch die anderen Fahrer hatten eine schwierige Entscheidung zu treffen – frische Intermediates holen oder auf der Strecke bleiben? Nur einer entschied sich für Letzteres. Esteban Ocon beendete als erster Fahrer in der Formel 1 seit 1997 ein Rennen ohne Stopp.
Schwierige Entscheidungen in der Formel 1
Auch Titelverteidiger Lewis Hamilton kokettierte lange mit einer Null-Stopp-Strategie – gegen die Empfehlung seines Teams. Zweimal stand die Mercedes-Crew bereits mit frischen Reifen bereit, ohne dass der Dauer-Weltmeister abbog.
Für den einstigen Ferrari-Chefstrategen Ross Brawn – heute Motorsport-Direktor der Formel 1 – ein verständliches Szenario. «In diesem Szenario vertraust du auf dein Urteilsvermögen, deine Erfahrung und dein Gefühl», so Brawn.
Mit Michael Schumacher holte der Brite bei Benetton und Ferrari sieben WM-Titel. In die Situation an Hamiltons Kommandostand kann er sich gut hineinversetzen. «Wir haben es gesehen – es gab einiges an Widerstand von der Fahrerseite, an die Box zu kommen.»
«Es hätte ein Desaster geben können»
«Wenn diese Situationen nicht glasklar sind und vom Fahrer Widerstand kommt, gibt man als Team rasch nach», so Brawn. «Sogar, wenn man davon überzeugt ist, eigentlich die richtige Entscheidung zu treffen.»
Brawn kann nachvollziehen, warum es Hamilton schwerfiel, auf die Boxenmannschaft zu hören. «Der Fahrer steckt in einer Blase. Er liefert Information an die Box, sieht aber nicht die ganzen Daten, die der Kommandostand hat», so der Ex-Mercedes-Teamchef.
Die Entscheidung von Mercedes, den Titelverteidiger an die Box zu holen, hält er für richtig. «Es hätte ein Desaster geben können, wenn ein Regenschauer gekommen wäre oder die Reifen nachgegeben hätten. Dann wäre er zurückgereicht worden.»