Sehnsucht auf der Showbühne: Ferrari zeigt neues Vettel-Auto
Mit viel Pathos hat Ferrari den neuen Formel-1-Dienstwagen von Sebastian Vettel enthüllt. Das lange Warten auf einen WM-Titel soll in diesem Jahr endlich enden. Dafür hat die Scuderia vor allem personell umgebaut.
Das Wichtigste in Kürze
- Den dunklen Anzug hätte Sebastian Vettel beim ersten Blick auf seinen neuen Ferrari am liebsten sofort abgestreift.
«Leider bin ich unpassend gekleidet und kann nicht gleich reinspringen», sagte der 31-Jährige, als sein SF90 benannter Formel-1-Dienstwagen per Lift auf die Showbühne gehoben wurde. Als letzter der Titelanwärter zeigte die Scuderia am Firmensitz Maranello mit einer Präsentation voller Pathos ihr Auto für die erneute Jagd auf Seriensieger Mercedes und Lewis Hamilton. «Ich kann nicht erwarten, dass es losgeht. Ich will die WM gewinnen. Das ist meine Mission, dafür bin ich hier», versicherte Vettel.
Die Bilder, die zuvor über eine riesige Leinwand flimmerten, erinnerten den Hessen einmal mehr an die Grösse seiner Aufgabe. Zu sehnsüchtigen Klängen ging der Blick zurück auf die Triumphe mit Juan Manuel Fangio, Niki Lauda, und Rekordchampion Michael Schumacher. «Als Team tragen wir die Hoffnungen, Erwartungen und den Stolz einer ganzen Nation und von Millionen Fans in aller Welt. Wir akzeptieren diese Verantwortung», sagte Ferrari-Präsident Louis Camilleri.
Der Name des in mattem Rot gehaltenen Autos erinnert an die Gründung der Scuderia vor 90 Jahren durch Enzo Ferrari. Zwar ist der Rennstall noch immer das mit Abstand erfolgreichste Team der Formel-1-Historie, der bislang letzte Fahrertitel durch den Finnen Kimi Räikkönen liegt aber schon mehr als elf Jahre zurück. «Wir werden die Tifosi in Zukunft wieder glücklich machen», versprach Boss Camilleri.
Dafür hat Ferrari vor allem personell umgebaut. Als Teamchef löste Mattia Binotto den glücklosen Maurizio Arrivabene ab. Der 49 Jahre alte Schweizer diente schon Schumacher als Motoringenieur und war zuletzt Technik-Direktor. «Leidenschaft, Entschlossenheit, Mut und das Bewusstsein für die Tradition», nannte Binotto als zentrale Ferrari-Werte, auf die es sich zu besinnen gelte.
Als zweiter Stammpilot ersetzt der 21 Jahre alte Charles Leclerc den Vettel-Kumpel Räikkönen. Der Ferrari-Zögling aus Monaco bewies sich im Vorjahr schon bei Sauber als Grosstalent und dürfte Vettel von Beginn an herausfordern. «Das ist der Traum eines Teamchefs. Sie sind die besten Fahrer der Formel 1», schwärmte Binotto. Auch die Crew der Test- und Ersatzfahrer wurde runderneuert, unter anderem erhielt der Deutsche Pascal Wehrlein (24) einen Vertrag als Simulatorpilot.
«Das Team ist auf dem richtigen Weg, hoffentlich können wir uns weiter verbessern», sagte Vettel, als sich der Trockeneis-Nebel um sein fabrikneues Gefährt verzogen hatte. Am Montag zum Testauftakt in Barcelona darf der Heppenheimer die ersten Runden drehen, nicht der aufstrebende Leclerc. Für Vettel, der mit seinem Stoppelbart angemessen kampfeslustig erschien, ist es bereits das fünfte Jahr bei Ferrari. Die Erinnerung an seine vier WM-Titel, die er bis 2013 allesamt im Red Bull gewann, ist ziemlich verblasst. Dass er im Vorjahr die grosse Chance nicht nutzen konnte, Hamilton und die Silberpfeile endlich auszubremsen, wirkt nach.
Mehr denn je steht Vettel in der am 17. März in Melbourne startenden Saison in der Pflicht, die Aufbauarbeit der Scuderia zu krönen. Sein Vorbild Michael Schumacher hatte seinerzeit im fünften Jahr seine einmalige Titelserie mit Ferrari begonnen. «Sebastian ist so hungrig wie eh und je nach Siegen. Er strebt voller Hingabe danach, unsere Ziele zu erreichen», versicherte Firmenchef Camilleri.
Das Vertrauen in Vettel aber dürfte nach einigen Fehlern und Irritationen im Vorjahr kaum mehr grenzenlos sein. Die Kamera zeigte am Freitag schon kurz die mögliche Zukunft der Scuderia: Michael Schumachers Sohn Mick sass als Azubi der Ferrari-Akademie im Publikum.