Die Macke von Adrian Mannarino toppt nicht mal Rafael Nadal
Adrian Mannarino trifft nach seinem ersten Profititel in s’Hertogenbosch heute in Queen's auf Nick Kyrgios. Das wusste er bis kurz vor dem Spiel wohl gar nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Mannarino gehört zu den interessantesten Spielern auf der Tour.
- Letztes Wochenende gewann er in s'Hertogenbosch seinen ersten Profititel.
- Und das trotz einer speziellen Marotte.
Medientermine mit Adrian Mannarino, sie versprechen einen gewissen Unterhaltungswert. Einerseits, weil der 30-jährige Franzose oft Interessantes preis gibt, zweitens aber, weil Gespräche mit ihm stets eine unerwartete Wendung nehmen.
Dafür ist der Linkshänder selber verantwortlich, mit seinem einzigartigen Begrüssungssatz: «Bitte sagt mir auf ja keinen Fall, gegen wen ich nun spiele, sonst muss ich gleich wieder gehen.»
Macken und Rituale so weit das Auge reicht
Rituale, sie sind unter Tennissspielerinnen und Tennisspielern weit verbreitet. Beispiel Hana Mandlikova. Sie konnte ihre wunderbare Rückhand nur dann zelebrieren, wenn sie zwischen den Punkten nicht auf die Linien gestanden war.
Richard Gasquet kann beim Service nach gewonnenem Punkt erst dann weiterspielen, wenn er vom Balljungen die genau gleiche Filzkugel zurückbekommt. Natürlich wäre die Liste unvollständig ohne Rafael Nadal zu erwähnen. Und seinen Zirkus mit den Getränkeflaschen, die auf den Millimeter genau ausgerichtet sein müssen.
Adrian Mannarino toppt sie alle
Dass aber ein Spieler der Weltelite eine solche Macke hat wie Adrian Mannarino ist unerreicht. Für ihn ist es jeweils zentral, am Matchtag in der Ungewissheit aufzuwachen. Und erst später zu erfahren, gegen wen er spielt. «Er ist schon ein ganz spezieller Typ», sagt ein früherer Schweizer Davis-Cup-Spieler dazu.
Es ist nicht Mannarinos einzige Eigenheit, die objektiv gesehen vor allem Stress produziert. So spielt er seit Jahren immer mit dem gleichen einen Racket, ein Fabrikat, das es längst nicht mehr gibt.
Die Bespannungshärte ist so tief, dass er damit lange spielen kann, ohne, dass die Saite reisst. «Meinen Trainer stört es dann jeweils, wenn in langen Partien die Ballkontrolle rapide abnimmt. Weil die Bespannung nachgibt», sagte er unlängst gegenüber «L’Equipe».
Endlich das erste Turnier gewonnen
Ihn offensichtlich nicht und in der letzten Woche ging die Rechnung erstmals auf: In s’Hertogenbosch gewann er seinen ersten Profititel, nach jeweils verlorenem Startsatz gegen Fernando Verdasco, David Goffin und Borna Coric. Vorher hatte er alle sechs Endspiele verloren. Bleibt aus seiner Sicht nur zu hoffen, dass sein heutiger Gegner Nick Kyrgios nichts von diesen «Psychofaktoren» weiss. Der Australier könnte sonst mit Kommentaren auf den Mann spielen.
*Marco Keller ist ein profunder Kenner der Tennis-Szene. Er arbeitet hauptberuflich als Journalist für «Tamedia» und ist Chefredaktor von «Smash». Für Nau schreibt er gelegentlich Gastbeiträge zum Thema Tennis.