Henry von der Schulenburg: «Harvard gab sich Mühe um mich zu holen»
Henry von der Schulenburg zieht nach Harvard. Das Schweizer Talent wird für die Top-Universität College-Tennis spielen. Dort wollte man ihn unbedingt haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Henry von der Schulenburg will nicht nur auf die Karte Tennis setzen.
- In Harvard wird er eine Top-Ausbildung geniessen und dennoch auf hohem Niveau trainieren.
- Wichtig ist ihm das Spiel im Team – und gerne vor viel Publikum.
Obwohl er mitten in den Maturaprüfungen steckt, sieht Henry von der Schulenburg seinem Sommer absolut entspannt entgegen. Und dazu hat er auch allen Grund. Das Schweizer Tennis-Nachwuchstalent hat gute Vornoten und, vor allem, seinen Studienplatz in Harvard auf sicher.
Der 19-Jährige wird nämlich nach seinem Schulabschluss nicht voll auf die Karte Tennis setzen. Stattdessen zieht er in die Nähe von Boston an die prestigeträchtige Universität. Dort wird er wohnen, studieren und College Tennis spielen.
Blake, Isner und Anderson helfen aus dem Schattendasein
College Tennis – einst verrufen als Abstellgleis für US-Junioren, die den Durchbruch ohnehin nicht schaffen – hat an Attraktivität gewonnen. Dank Spielern wie James Blake (Ex ATP 4) John Isner (ATP 11) und Kevin Anderson (ATP 8). Die zeigten, dass es auch College-Spieler bis an die Weltspitze schaffen können.
Swiss Tennis unterstützt den Weg von Henry von der Schulenburg. «Das ist eine sehr empfehlenswerte Option. Dadurch kann er kostenlos studieren und einen Abschluss erreichen, der später eine entsprechende berufliche Stellung ermöglicht. Und er kann während des Studiums Tennis auf hohem Niveau weiterspielen», sagt Medienchefin Sandra Perez.
Der Coach kam extra in die Schweiz
«Harvard hat sich wirklich Mühe gegeben, mich zu holen», sagt der angehende Crimson-Spieler. Andrew Rueb, Tennis-Headcoach an der Universität, kam fürs Scouting sogar in die Schweiz. «Ich glaube, er hats mit Skiferien verbunden», grinst von der Schulenburg. «Aber ja, er kam in die Schweiz um mir bei einem Turnier zuzuschauen.»
Was Rueb sah, schien ihm gefallen zu haben. Der Coach konnte Henry von der Schulenburg Harvard schmackhaft machen, obwohl das Ivy-League-College keine Sport-Stipendien anbietet. Sondern nur «Financial Aid», also, finanzielle Hilfe.
Die Uni hatte allerdings auch leichtes Spiel mit dem Schweizer Nachwuchstalent. Das Gesamtpaket passte dem 19-Jährigen, der letztes Jahr an den US Open und in Wimbledon bei den Junioren antrat, sofort.
Good luck to Henry von der Schulenburg! @swiss_tennis @yvesallegro pic.twitter.com/JOeR1zFCkc
— Gregor Hauser (@HauserGregor) July 9, 2018
Top-Resultate trotz weniger Training
«In Harvard werde ich nicht so viel trainieren, wie an anderen Universitäten. Aber das bin ich mir gewöhnt, ich trainiere schon hier weniger als andere», sagt der 19-Jährige. Ausserdem hat er schon einen guten Kumpel in Harvard: Constantin Zoske, den Henry aus der gemeinsamen Juniorenzeit in Deutschland kennt.
Der Gleichaltrige schwärmte seinem ehemaligen Schweizer Trainingspartner vom Leben und Tennisspielen an der Uni vor.
Henry ist es wichtig, viel Zeit in seine Ausbildung zu investieren. Tennis kommt für ihn erst an zweiter Stelle. Die Resultate stimmen aber trotzdem. Derzeit ist er der drittbeste Schweizer Tennisspieler seiner Altersklasse und die Nummer 20 des Landes.
Henry von der Schulenburg hat keine Abwanderungsgelüste
Gefahr, dass von der Schulenburg dereinst für die USA spielen wird, droht keine. Obwohl der Youngster auch im Besitz des amerikanischen Passes ist. «Nein», winkt er ab. «Ich fühle mich nicht als Amerikaner, und dort wäre ich einfach einer von vielen.»
Im Nati-B-Interclub für Winterthur, wo er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Jeffrey spielt, lief es diese Saison nicht nach Wunsch. Drei Niederlagen in vier Spielen, darunter auch gegen Ex-Weltnummer 73, Cedric-Marcel Stebe.
«Das lief schon nicht so toll. Aber ich bin auch die Nummer Eins des Teams, da bekommt man eben die besten Gegner.»
Das sieht Henry von der Schulenburg aber positiv: «So lernt man schliesslich am meisten.» Und ihm gefällt das Auftreten im Team: «Der Profi-Alltag auf den Turnieren kann manchmal etwas einsam sein.»
Verständnis für Kyrgios
Nationalliga-A-Interclub wird er dieses Jahr ebenfalls spielen, hochkarätige Duelle winken. Allerdings ohne riesigen Fan-Aufmarsch. «Dafür, dass regelmässig Top-100-Spieler dabei sind, ist die Aufmerksamkeit schon klein», so von der Schulenburg.
«Letztes Jahr spielte ich ein kleines Turnier in Florenz. Da waren über 1000 Zuschauer bei meinem Halbfinal, das gibt es in der Schweiz nicht.»
Anders als andere, die nervös werden, geniesst es der 19-Jährige vor Leuten zu spielen: «Ich werde sicher nicht schlechter», sagt er verschmitzt. «Ehrlich gesagt, verstehe ich, warum ein Nick Kyrgios so crazy Zeug macht. Das Publikum heizt einem einfach ein.»
The @NickKyrgios effect.@alexdavidovich1 with an underarm serve as the clay season kicks off in Marbella @casinoadmiralt. pic.twitter.com/WJWnwYg3tL
— ATP Challenger Tour (@ATPChallenger) March 29, 2019
Profi-Karriere hat noch Zeit
Ideale Voraussetzungen für College-Tennis. In Harvard wird Henry von der Schulenburg im Team spielen, wie er es mag. Er wird bester Spieler und damit Mannschafts-Leader sein, wie er es bereits kennt. Und dass er vor viel Publikum stärker spielt, kommt ihm in den sport-verliebten USA ebenfalls entgegen.
Natürlich würde es das auch bei einer Profi-Karriere. Dafür hat der 19-Jährige aber noch viel Zeit.