Beat Feuz ist nahe dran am ersten Sieg in der Abfahrt in Kitzbühel. Im Interview spricht er über Erinnerungen, Gedanken und Stürze auf der Streif.
Beat Feut Streif
Beat Feuz beim Training auf der legendären Streif in Kitzbühel. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Beat Feuz spricht im Interview über die Geheimnisse der Streif.
  • Oft erinnert er sich auch an den Sturz von Daniel Albrecht.
  • Der Berner nimmt sich selbst aus der Favoritenrolle für das Rennen.
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Beat Feuz, was löst es bei Ihnen aus, wenn von der Streif die Rede ist?

«Da gibt es viel Schönes - etwa, was ich schon erreicht habe in Kitzbühel. Da sind aber auch die schweren Stürze oder andere Zwischenfälle, an die man sich erinnert. Mir kommt natürlich vorab der Sturz von Daniel Albrecht in den Sinn. Ich war zwar nach einer Verletzung in der Reha, habe den brutalen Sturz beim Zielsprung aber im Fernsehen verfolgt.»

Da gibt es auch die vielen «Räubergeschichten». Wie nehmen Sie das als Fahrer auf?

«Es gibt nirgends mehr 'Räubergeschichten' als hier. An den meisten ist sicher etwas Wahres dran. Aus dem Nichts sind sie nicht aufgegriffen worden.»

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie am Start der Streif stehen? Anders als zum Beispiel am Lauberhorn geht es vom ersten Meter weg gleich zur Sache.

«Mental muss ich anders parat sein als zum Beispiel in Wengen. Dort ist es möglich, sich vor dem Start umzusehen, das Panorama und die gesamte Atmosphäre aufzusaugen. Hier in Kitzbühel ist es nicht von Vorteil, beim Start nach links oder rechts zu schauen. Hier gibt es keine 'tote' Phase. Man muss von der ersten Sekunde weg bei der Sache sein. Das muss man in Wengen zwar auch, aber das Risiko ist dort beim Start nicht derart hoch.»

Und während der Fahrt, haben Sie da Zeit, sich Gedanken zu machen?

«Bis Ausfahrt Steilhang hat man nicht gross Zeit zu überlegen. Da heisst es vorab, das umzusetzen, was man sich vorgenommen hat. Beim folgenden Weg (Brückenschuss), der während rund zehn Sekunden die Hocke-Position erlaubt, kann man ein erstes Mal etwas durchschnaufen und überlegen, wie die bisherige Fahrt war. Danach muss man sich wieder konzentrieren. Es folgen die nächsten Stellen, die zwar nicht die schwierigsten sind, auf denen aber Zeit gewonnen oder verloren werden kann.»

Da läuft also viel intuitiv ab.

«Definitiv. Beim Start hat man zwar einen Plan, doch dieser Plan kann schon bei der 'Mausefalle' nichts mehr gelten. Dann ist Improvisation gefragt. Wenn etwas falsch gelaufen ist, ist eine Korrektur innert Sekunden nicht möglich. Dann gilt es, sich einen anderen Plan zurechtzulegen.»

Sie waren auf der Streif zum ersten Mal vor neun Jahren am Start. Welche Erinnerungen an die Premiere haben Sie?

«Ich war erstmal nervös, die 'Räubergeschichten' werden einem jungen Fahrer natürlich auch erzählt. Man geht hoch an den Start und denkt sich, dass es wirklich steil und schwierig ist, aber dann kommt das Gefühl, das man auf dieser Piste fahren kann. Wenn man aber den ersten Fahrern zuschaut beim Start, ist man sich der Sache nicht mehr so sicher. Dann wird man vielleicht auch noch mal ein bisschen weisser im Gesicht.»

2010 war das Jahr, in dem Didier Cuche zum dritten Mal die Abfahrt auf der Streif gewonnen hat. Konnte er Ihnen damals Tipps geben? Oder gab es überhaupt, etwa während der Pistenbesichtigung, Berührungspunkte?

«Ich glaube nicht, dass es da Tipps gegeben hat. Ich war mit mir selber genug beschäftigt. Der Cuche hat das damals genauer analysieren und anschauen können als ich. Deshalb hätte ich mit seinen Infos wahrscheinlich nicht allzu viel anfangen und sie mir nicht alle merken können.»

Und mittlerweile fühlen Sie sich auf der Streif auf jedem Meter sicher?

«Sicher würde ich jetzt nicht behaupten. Zumindest bin ich überzeugt davon, jederzeit Herr der Lage zu sein. Das hilft auf jeden Fall.»

Vor zwei Jahren waren Sie hier unterwegs zum Sieg, landeten bei der Traverse nach dem Hausberg aber im Sicherheitsnetz. Haben Sie danach noch einmal an jene Szenen gedacht oder daran, jene Linie noch einmal zu fahren?

«Letztes Jahr sind wir zweimal über die Hausbergkante gefahren, je einmal im Training und im Rennen. Da ging mir das Szenario mit dem Sturz beide Male durch den Kopf. Dieses Mal, im ersten Training, habe ich daran keinen Gedanken verschwendet. Für mich war das abgehakt. Ich kann wieder nach vorne schauen. Die Linie, die ich vor zwei Jahren versucht habe zu fahren, ist nicht empfehlenswert. Die kann gerne jeder probieren. Die Ziellinie wird er so nicht sehen.»

Reichen denn zwei Trainings, um sich über die schnellste Linie im Klaren zu sein?

«Sicher. Es würde theoretisch auch ein Training reichen. Aber es ist nicht möglich, zwei, drei Läufe gleich zu fahren. Es ändert sich stets etwas. Wie ich die Hausbergkante und die Traverse fahren will, könnte ich jetzt sagen. Doch die Chance ist gross, dass morgen alles wieder anders ist. Ich werde vermutlich nicht dorthin springen wie geplant, ich werde möglicherweise zwei Meter mehr links oder rechts landen, und so ändert wieder der ganze Schwungaufbau.»

Wäre es hier besonders gefährlich, zuviel zu wollen?

«Die Situation, in der ich zu viel wollte, hatte ich vor zwei Jahren. Damals war ich überzeugt, dass ich das Rennen gewinnen kann, ja gewinnen werde. Es hätte aufgehen können. Doch in jenen Momenten hatte ich den Respekt vor der Piste wohl etwas verloren. Ich hatte das Gefühl, dass die Streif nicht mich dominiert, sondern ich sie. Das hat mir gezeigt, wie viel es auf dieser Strecke verträgt.»

Und die Breite an der Spitze in der Abfahrt, in den bisherigen fünf Rennen gab es fünf verschiedene Sieger, verleitet nicht dazu, mehr Risiko einzugehen?

«Praktisch jeder Fahrer hat seine Vorlieben. Es bringt aber nichts, zuviel zu wollen. Es ist besser, das umzusetzen versuchen, was man kann. Die Verhältnisse hier sind ähnlich wie in Bormio. Wer dort schnell war, ist bekannt. Die werden auch hier schnell sein. Ich bin eher einer, der sich auf alle Verhältnisse einstellen kann. Das Eis ist aber nicht meine Lieblingsunterlage. Natürlich werde ich versuchen, vorne dabei zu sein. Doch Favoriten sind andere.»

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