Joana Hählen – frech drauflos und schnell

Peter Gerber Plech
Peter Gerber Plech

Saanenland,

Seit dem 24. Januar hat Swiss Ski eine neue Podestfahrerin im Weltcup: Joana Hählen. In Bansko (BUL) und Sotschi (RUS) fuhr sie überzeugend auf Rang 3.

joana hählen
Nach 6 Jahren im Ski-Weltcup kann Joana Hählen in Bansko (BUL) ihren ersten Podestplatz bejubeln. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Joana Hählen fuhr innert zehn Tagen zweimal aufs Podest.
  • Es waren ihre ersten Podestplätze der Karriere.
  • «Frech drauflos und schnell» lautet die Devise für die weiteren Rennen.

Sie gilt als Fahrerin, die auf der Piste eher den Kamikaze-Stil denn die feine Klinge auspackt. Oft genug ist Joana Hählen der Mut, Kritiker würden sagen Übermut, zum Verhängnis geworden. Die Berner Oberländerin aus der Lenk hat aber nicht aufgegeben. Sie hat stets an sich und die eigenen Fähigkeiten geglaubt und gekämpft.

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Ihr erster Weltcup-Podestplatz: Joana Hählen auf dem 3. Rang in Bansko (BUL). - Keystone

Die Belohnung folgte im 76. Weltcup-Rennen. Am 24. Januar durfte sich die am Vortag 28 Jahre alt gewordene Speed-Spezialistin über den ersten Podestplatz der Karriere freuen: Dritte in der Abfahrt von Bansko und auf dem Podest mit Mikaela Shiffrin und Federica Brignone.

Die bittere Enttäuschung von Crans Montana

Im November 2013 bestritt Hählen ihr erstes Weltcup-Rennen. Die ersten zwei Punkte gab es bereits gut eine Woche später und den ersten Top-10-Platz nach drei Jahren. Und dann, im Februar 2019, der vermeintlich grosse Tag. Zweite in der Abfahrt von Crans Montana. Endlich konnte Joana Hählen den Zweiflern und Kritikern etwas Zählbares entgegenhalten.

Was wie der ersehnte Erfolg ausgesehen hatte, löste sich in Luft auf. Wegen der bekannten Probleme mit der Zeitmessung wurde aus dem 2. Platz ein 4. Rang. Bittere Enttäuschung folgte und dieses Gefühl hallte bis in die Sommermonate nach. Darüber sprechen zu müssen war schmerzhaft, die Verarbeitung brauchte Zeit und Hilfe von ausserhalb.

Joana Hählen
Ein Fehler bei der Zeitmessung brachte Joana Hählen im Februar 2019 um ihren zweiten Platz in Crans Montana. - Keystone

Immerhin das Wissen, eine potenzielle Podestfahrerin zu sein, konnte Joana Hählen in die Vorbereitung des Winters 2019/20 mitnehmen. Nur half dieses Wissen zu Saisonbeginn wenig. In Lake Louise und St. Moritz lief es Hählen gar nicht. Gemeinsam mit Ausrüster Atomic ist also das Set-Up am Schuh verändert worden. Das ermöglichte ihr, die Skier noch schneller und genauer freizugeben. Eine Umstellung, die sofort Erfolg gezeigt hat.

Der Befreiungsschlag der Joana Hählen

Mit dem Jahreswechsel wurde es besser und dann kam Bansko. Eine Strecke, die von den Fahrerinnen Mut eingefordert hat. Genau das, was die Berner Oberländerin auszeichnet. Im Rennen einen Tag nach dem 3. Platz erfolgte ein erneuter Ausfall. Die Kritiker hatten schon Worte wie «Eintagsfliege» oder «Zufall» in den Wortschatz zur Beurteilung von Joana Hählen integriert.

Mit dem 3. Platz im Super-G von Sotschi folgte eine Woche später der Nachdoppler. Und da es keine «Zweitagesfliege» gibt, war die Bezeichnung aus dem Reich der Insekten vom Tisch. Für Hählen selber sowieso.

War sie früher selber vielleicht zu sehr auf Resultate und Ränge fixiert, so hat sie sich davon lösen können. «Ich konzentriere mich auf mein Skifahren», sagt sie. «Und jetzt geniesse ich diesem Moment. Ich habe mir selber beweisen können, dass ich fähig bin, im Weltcup auf das Podest zufahren.»

Wird Joana Hählen diese Saison noch weitere Podestplätze einfahren?

Von einem möglicherweise virtuellen Knoten, der jetzt durch die beiden Podestplätze gelöst worden ist, mag Joana Hählen nicht sprechen. «Ich kann ja keine wirkliche Lösung präsentieren, warum es in Bansko und in Sotschi und nicht schon früher geklappt hat.»

«Das ist aber auch nicht das Wichtigste. Ich freue mich darüber, dass es so ist, und dass ich jetzt vielleicht befreiter fahren kann. Es ist einfach cool,» sagt die Berner Oberländerin gegenüber Nau.ch.

«Frech drauflos – genau das macht mich ja auch schnell»

Viel verändern werden die jüngsten Resultate weder an der Person noch an der Rennfahrerin Joana Hählen. Die 28-Jährige wird weiterhin ihre Attacken auf der Piste reiten. Künftig aber mit dem gesicherten Wissen darum, dass ihre geleistete Arbeit sehr hohen Ansprüchen genügt.

«Es ist eine Bestätigung für mich, dass der eingeschlagene Weg stimmt,» so Hählen. «Ich riskiere ja nicht blind einfach Kopf und Kragen. Ich fahre mit Instinkt und frech drauflos, das stimmt. Aber genau das macht mich ja auch schnell.»

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