Fentz glänzt als EM-Achter - Russe Alijew holt Gold
Das Wichtigste in Kürze
- Die EM-Organisatoren hatten bei der Auswahl des nach der Kür gespielten Liedes aus dem Land des deutschen Eiskunstläufers ein gutes Händchen.
«Heute ist ein guter Tag, um glücklich zu sein», trällerte Max Raabe passend zur Gefühlslage von Paul Fentz, der den achten Platz von Graz wie einen Sieg genoss. «Mein kleines Ich übergibt meinem grossen Ich die kleine Ehrenmedaille für Tapferkeit und löwenhaftes Kämpfen», sagte der Berliner, der in der Deutschen Eislauf-Union (DEU) als Auslaufmodell galt und selbst schon den Rücktritt erwogen hatte.
«Es ist für mich als Menschen, als Läufer eine Bestätigung, dass sich harte Arbeit immer lohnt», meinte der 27-jährige dreimalige deutsche Meister nach dem besten Wettkampf seiner Karriere. Dafür habe er sich «in Berlin den Arsch aufgerissen» und viele Stunden allein auf dem Eis gestanden. Dabei musste er sich nicht nur mit den Sprüngen, Pirouetten und Schrittfolgen herum plagen, sondern auch gegen Selbstzweifel wehren. «Ich bin ein Mensch, der viel hinterfragt. Das kann mal positiv sein, aber einem auch im Weg stehen», so Fentz.
Das Grübeln über Enttäuschungen im vergangenen Winter, in dem er bei EM nur Platz 15 und bei der WM Rang 28 erreichte, sowie der Rauswurf aus dem Perspektivkader und die Ausmusterung als Sportsoldat hat am Ende einen Knoten gelöst. «Es ist schön, dass er sich nach so langer Durststrecke wieder den Weg gebahnt hat», sagte DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf. «Wenn man reflektiert und Konsequenzen zieht, kann es eine Richtungsänderung bringen. Dieses Aha-Erlebnis muss er nun bei der WM im März in Montreal noch mal unter Beweis stellen.»
Die Botschaft des von Fentz für seine Kür gewählten Hits von Elton John («I'm still Standing») ist von einer Durchhalteparole zum Signal des Aufbruchs geworden. «Ich sehe da noch kein Ende in Sicht, auch wenn ich darüber nachgedacht hatte», bekräftigte er. «Die EM bestätigt: Es lohnt sich weiter zu machen» - und besser zu werden.
«Da ist noch eine Steigerung drin», meinte Fentz mit Blick auf die Olympischen Spiele 2022 in Peking. Um konkurrenzfähiger zu werden, will er neben dem Toeloop bald auch den Salchow vierfach sicher auf's Eis bringen können. Dabei sei die Technik nicht das Problem, sondern heftige Schmerzen im Fuss beim Einstudieren des neuen Vierfachen.
«Ich will mit vier vierfachen Sprüngen sowie einem dreifachen Axel antreten. Das ist das ganz grosse Ziel», kündigte er an und ergänzte anlog der Web-Terminologie: «Momentan bin ich Paul Fentz 1.1. - mal sehen, ob ich bis Olympia bei 1.9 oder 2.0 bin.» Seine Trainerin traut ihm das zu. «Hut ab vor seiner Kür bei der EM. Er hat aber noch viel mehr drin», meinte Romy Österreich.