Tinder-Tina: «Der nette Typ wird wegen meines Neins zum Stalker!»
Tina* tindert sich durch Bern und Umgebung. In dieser Serie berichtet sie über ihre Dates. Heute lernt sie den kinderlieben Silvan* persönlich kennen.
Das Wichtigste in Kürze
- Tina* ist 25 Jahre alt und seit einigen Monaten wieder Single.
- Im heutigen Staffel-Finale lernt sie Silvan* persönlich kennen.
- P. S. Beim Daten nimmt Tina natürlich auf die geltenden Corona-Massnahmen Rücksicht.
Und schon sind wir bei der finalen Folge der Staffel 2 angelangt. Allerdings schulde ich euch noch einige Details zum Treffen mit dem kinderlieben Silvan*. Lockdown-bedingt muss ein Spaziergang reichen.
Im Vorfeld gesteht mir Silvan, dass er ganz schön nervös ist. «Du hast beim Daten sicher mehr Erfahrung als ich», schreibt er. Obwohl nicht mehr neu im Business, bin ich immer etwas kribbelig vor einem Treffen. Aber von Nervosität nicht die Spur.
Der Paradies-Vogel
Sonntagnachmittag. Da ist es wieder, dieses Kribbeln, während ich bei der Talstation des Berner Hausbergs auf Silvan warte. So langsam wird der Gurten zum neuen «Netflix & Chill». Meine Go-To-Location in Sachen Dates, auf gut Deutsch. Schnellen Schrittes kommt Silvan mit einer orangenen Mütze auf mich zu gestapft.
Bei der Umarmung rieche ich sein wohlduftendes Parfüm. Wir reihen uns in die Schlange der Wartenden ein. Silvan zieht seine Maske hoch. Darauf ist ein pinker Flamingo abgedruckt. Der paradiesische Vogel ist irgendwie sein Glücksbringer. Hat er mir zumindest im Vorfeld einmal erklärt.
Oben angekommen, machen wir uns gleich wieder auf den Weg nach unten. Silvan ist wirklich sehr nervös. Die ganze Zeit plappert er vor sich hin. Vor allem traurige Familiengeschichten. Normalerweise bin ich nicht die Schweigsame. Bei Silvan komme ich allerdings kaum zu Wort.
Mir fällt auf, dass er sich während des ganzen Spaziergangs auf die umherrennenden Kinder achtet. Er schaut genau hin, was sie tun. So, als ob er jeden Moment darauf wartet, dass eines von ihnen hinfällt. Nach anderthalb Stunden sind wir wieder am Fuss des Gurtens angelangt.
Zu viele Komplimente
Wir bleiben stehen und quatschen weiter. Nach wie vor plappert Silvan nervös vor sich hin. Auf dem Trottoir neben uns ist der Boden gefroren. Uns bietet sich ein wunderbares Schauspiel von schlitternden Passanten. Alle sind überrascht, dass die Schuhsohlen den Halt verlieren. Wir müssen lachen und sind erleichtert, dass keiner von ihnen hinfällt.
Silvan besteht darauf, mich nach Hause zu fahren. Er hat sein Auto ganz in der Nähe geparkt. Ich nehme das Angebot gerne an. Obwohl es mir nicht recht ist, weil sein Zuhause genau in der entgegengesetzten Richtung liegt.
Silvan setzt mich also bei mir zu Hause ab. «Ich hoffe sehr, dass wir uns wiedersehen», sagt er zum Abschied. Ich hatte einen schönen Nachmittag und denke, dass ich ihn auch wiedersehen möchte. Später am Abend bedanke ich mich für den Spaziergang.
In den nächsten Tagen schreibt Silvan mir immer wieder, wie toll unser Treffen war. «Ich finde dich wirklich bezaubernd. Du bist noch toller, als ich mir das vorgestellt habe.» Seine Komplimente schmeicheln mir. Aber irgendwie finde ich es beim 50. Mal ganz schön übertrieben.
So schön der Nachmittag war: Ich kann nach einem ersten Treffen nicht direkt von Liebe sprechen. Silvan scheint dies anders zu sehen. Mehrmals täglich fragt er, was ich tue oder wo ich gerade bin. Ich fühle mich zunehmend meiner Autonomie beraubt. Ich erkläre ihm, dass er es langsam angehen lassen soll.
Nach einer Woche unter Silvans Radar kann und will ich nicht mehr. «Hör zu, das Ganze ist einfach zu viel des Guten. Ich fühle mich eingeengt und möchte das so nicht mehr», schreibe ich. Der kinderliebe Silvan ist auf einmal gar nicht mehr so lieb. Ganz im Gegenteil.
Drei Tage Stalking
«Was soll das? Du hast gesagt, du wärst ehrlich. Einen Scheiss bist du! Es wäre besser, wir hätten uns nie getroffen!» Hoppla! Silvan kann wohl kein «Nein» akzeptieren. Die Hass-Tiraden werden unterbrochen von ambivalenten Entschuldigungs-Nachrichten. Auf Geschimpf folgen Säuseleien wie: «Also können wir uns jetzt nicht mehr sehen?»
Was zum Teufel will der Junge denn? Ich probiere die Wogen zu glätten, versuche mich zu erklären. Aber Silvan will nicht hinhören. «Lass es bleiben, ich nerve mich nur noch», schreibt er. Ich sehe nicht ein, wieso ich mich so ankeifen lassen soll. Die einzige Lösung: Ich blockiere Silvan im Whatsapp und löse den Match auf Tinder auf. So kann er sich nicht mehr melden.
Erleichtert lehne ich mich zurück. Endlich Ruhe! Zu früh gefreut: An Instagram habe ich nicht mehr gedacht. Verfluchte soziale Medien! «Wovor hast du so grosse Angst, Tina?», will Silvan, der sich zum Stalker entwickelt, wissen.
Ich entscheide mich dafür, den Terror von Silvan einfach zu ignorieren. Irgendwann wird er schon aufhören. Und das tut er auch. Nach drei Tagen versiegt seine Wut und er lässt mich endlich in Ruhe. Was für ein Drama! Jetzt könnt ihr mir erstmal gestohlen bleiben, Jungs!
Nachtrag: Heute Morgen erreichte mich Silvans Freundschaftsanfrage auf Facebook. Abgelehnt!
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Nach Silvan kann es eigentlich nicht mehr schlimmer werden. Dennoch gönne ich mir jetzt erstmal eine Tinder-Pause. Und habe danach hoffentlich mehr Glück. Ihr werdet es natürlich als Erste erfahren! Bis dahin, macht's gut! Eure Tina ;-)
*Die Namen sind zur Verfremdung der Personen abgeändert.
Bisher in der zweiten Staffel erschienen: