Biden baut sein Team für das Weisses Haus auf

Um seine Präsidentschaft vorzubereiten, bleibt Joe Biden nach dem Wahlsieg nicht viel Zeit. Statt Amtsinhaber Donald Trump für seine Blockadehaltung zu kritisieren, lenkt er mit einer wichtigen Ankündigung den Blick auf die Zukunft.

Ronald Klain hat bereits in der Vergangenheit mit Joe Biden zusammengearbeitet, als dieser Vizepräsident unter Barack Obama war. Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der gewählte US-Präsident Joe Biden treibt trotz des Widerstands von Amtsinhaber Donald Trump den Aufbau seiner Regierungsmannschaft voran.

Bidens langjähriger Vertrauter Ronald Klain wird die Schlüsselposition des Stabschefs im Weissen Haus übernehmen. Der 59-Jährige bringt für die Corona-Krise wichtige Erfahrungen mit: Er war 2014 Koordinator der US-Regierung während der Ebola-Epidemie. Klain hat US-Medienberichten zufolge Biden auch während seines Wahlkampfes in Corona-Fragen beraten. Seine Berufung zeige, dass der Kampf gegen das Coronavirus für den gewählten Präsidenten höchste Priorität habe.

Die Corona-Pandemie gerät in den USA immer weiter ausser Kontrolle. Am Mittwoch wurde mit 143.231 neuen Infektionen wieder ein Höchststand erreicht. Gut 2000 Menschen starben. Mit rund 10,4 Millionen Infizierten sowie rund 242.000 Menschen, die in Verbindung mit Covid-19 gestorben sind, liegen die USA nach Angaben der Johns Hopkins Universität weltweit an der Spitze.

Biden führte am Abend zudem Gespräche mit den Staats- und Regierungschefs von Japan, Australien und Südkorea, die ihm zum Wahlsieg gratulierten.

Biden war aufgrund von Erhebungen und Prognosen von US-Medien zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt worden. Trump weigert sich bislang, seine Niederlage einzugestehen. Er sich als Opfer systematischen Wahlbetrugs dar, ohne dafür stichhaltige Beweise vorzulegen, und klagt in mehreren US-Bundesstaaten - obwohl seine Republikaner auf Ebene des Senats und des Repräsentantenhauses durchaus wichtige Erfolge eingefahren haben.

Der Stabschef hat die wichtigste nicht gewählte Position in der US-Regierung inne. Er zählt zum Kabinett, muss aber anders als Minister nicht vom Senat bestätigt werden. Der Stabschef unterstützt den Präsidenten bei seiner täglichen Arbeit: Er kontrolliert, wer Zugang zum Präsidenten hat, verwaltet dessen Terminkalender und regelt den Informationsfluss. In seinen Aufgabenbereich fallen auch Verhandlungen mit dem Kongress. Trump hat seinen Stabschef mehrfach ausgewechselt - Mark Meadows ist der vierte in dem Amt.

Biden und Klain haben bereits in der Vergangenheit im Weissen Haus zusammengearbeitet, als Biden Vizepräsident unter Barack Obama war: Der heute 59-jährige Klain war zwischen 2009 und 2011 Bidens Stabschef. Er arbeitete auch schon für den Demokraten, als dieser im US-Senat sass und als Biden sich 1988 und 2008 um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bewarb.

«Ron war für mich von unschätzbarem Wert in den vielen Jahren, in denen wir zusammengearbeitet haben», erklärte Biden. «Seine tiefgreifende, vielfältige Erfahrung und Fähigkeit, mit Menschen aus dem gesamten politischen Spektrum zusammenzuarbeiten, ist genau das, was ich von einem Stabschef im Weissen Haus brauche, während wir diesem Moment der Krise begegnen und das Land wieder zusammenbringen.»

Während der Corona-Pandemie hat sich Klain als Kritiker von Trumps Krisenmanagement hervorgetan. Viel Beachtung fand ein Video, in dem er erklärt, was eine Biden-Regierung in der Pandemie anders gemacht hätte und künftig tun will. Biden hat versprochen, der Bekämpfung der Corona-Pandemie Priorität einzuräumen.

Der linke Senator Bernie Sanders brachte sich unterdessen für das Arbeitsministerium in Stellung. «Wenn ich ein Ressort hätte, das es mir ermöglichen würde, für die Arbeiterfamilien einzutreten und zu kämpfen, würde ich es tun? Ja, würde ich», sagte Sanders am Mittwoch (Ortszeit) im TV-Sender CNN auf die Frage, ob er den Job des Arbeitsministers annehmen würde, wenn es ein entsprechendes Angebot gäbe. Der 79-Jährige hatte sich wie Biden um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten beworben.

Derweil gibt es weiter keine Anzeichen dafür, dass Trump seine Niederlage eingestehen würde. In mehreren Tweets am Mittwoch machte er deutlich, dass er sich weiterhin als legitimer Sieger der Wahl betrachtet. So behauptete Trump, seine Wahlbeobachter seien in Pennsylvania und Michigan nicht zugelassen worden und dies habe dazu geführt, dass Hunderttausende Stimmen gezählt worden seien, die nicht hätten gezählt werden dürfen. Für Trumps Behauptungen gibt es keinerlei Belege. Twitter versah die Nachricht mit einem Warnhinweis.

In US-Medien machen Berichte die Runde, dass Trump eine Kandidatur für die Präsidentenwahl 2024 erwäge - aber auch mit dem Gedanken spiele, ein eigenes Medienunternehmen aufzubauen. Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany sagte unterdessen am Donnerstag, er werde noch «auf Jahrzehnte» das Aushängeschild der Republikanischen Partei bleiben. Sie verwies im TV-Sender Fox News unter anderem darauf, dass Trump bei der Präsidentenwahl mehr als 72 Millionen Stimmen bekommen habe.

Darauf angesprochen, dass Trump sich seit Tagen kaum in der Öffentlichkeit gezeigt habe, sagte McEnany: «Sie werden vom Präsidenten im richtigen Moment hören.»

Trumps Regierung verweigert Biden bei der Vorbereitung seiner Präsidentschaft aber die gesetzlich vorgesehene Unterstützung. Neu gewählte Präsidenten nutzen die zweieinhalb Monate zwischen der Wahl und der Amtseinführung, um ihre Regierungsmannschaft zusammenzustellen. Dabei geht es nicht nur um das Kabinett, Staatssekretäre und Behördenleiter, sondern auch um die Besetzung Tausender Stellen im Weissen Haus, in Ministerien und in Behörden. Rund 1200 der Personalien müssen vom Senat abgesegnet werden.

US-Medien hatten berichtet, dass Bidens Übergangsteam rechtliche Schritte für eine Möglichkeit hält, um die Blockadehaltung zu brechen. Es gebe auch noch andere Optionen, hiess es ohne Nennung weiterer Details. Biden gab sich am Dienstag betont gelassen: Es gebe nichts, was sein Team derzeit ausbremse, sagte er. Derzeit sehe er auch keinen Bedarf für rechtliche Schritte.

Beglaubigte Endergebnisse der Wahl aus allen Bundesstaaten soll es erst zum 8. Dezember geben, knapp eine Woche bevor die Wahlleute ihre Stimmen für den nächsten Präsidenten abgeben. Das Ergebnis der Abstimmung wird erst am 6. Januar im Kongress bekanntgegeben - erst dann herrscht absolute Rechtssicherheit.

Wegen des äusserst knappen Rennens in Georgia lässt der Bundesstaat alle bei der Wahl abgegebenen Stimmen neu per Hand auszählen. Der zuständige Staatssekretär Brad Raffensperger sagte, er gehe davon aus, dass die Neuauszählung das aktuelle Ergebnis bestätigen werde. Biden liegt dort vor Trump, das Ergebnis in Georgia allein ist aber nicht entscheidend für seinen Wahlsieg.