Der Kampf um das Nilwasser
Für Äthiopien ist der Nil der Schlüssel zur wirtschaftlichen Entwicklung. Für Ägypten ist er das Lebenselixier. Der Bau des grössten Staudamms Afrikas in Äthiopien droht nun, einen schweren Konflikt um das Nilwasser zu entfachen.
Im abgelegenen Nordwesten Äthiopiens entsteht derzeit der grösste Staudamm Afrikas. Für das Land ist der Bau des Grossen Staudamms der Äthiopischen Wiedergeburt (Grand Ethiopian Renaissance Dam, GERD) ein beispielloses Unterfangen. Es ist das bislang grösste Infrastrukturprojekt des Landes. Bereits bis zu 63 Prozent fertiggestellt, soll er nach äthiopischen Angaben künftig bis zu 6450 Megawatt Strom aus Wasserkraft erzeugen. Das entspräche etwa der Leistung von vier Reaktoren eines modernen Kernkraftwerks.
Doch dieser Alleingang Äthiopiens sorgt flussabwärts für grosse Furcht. Kein Land auf der Welt sieht sein Schicksal so eng mit dem Lauf eines Flusses verknüpft wie Ägypten. Ägypten beziehe etwa 97 Prozent seines Wassers aus dem Fluss, sagt Michele Dunne, die Nahost-Leiterin der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace - vor allem für die Landwirtschaft. Ein Grossteil davon kommt aus dem äthiopischen Hochland.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Staudamm, der derzeit in Äthiopien gebaut wird, sorgt für Streit zwischen den Nil-Staaten.
- Bereits bis zu 63 Prozent fertiggestellt, könnte er bis zu 6450 Megawatt Strom aus Wasserkraft für Äthiopien erzeugen.
- Doch auch Ägypten bezieht etwa 97 Prozent seines Wassers aus dem Fluss.
Seit Jahren bauen sich Spannungen zwischen Äthiopien und Ägypten auf. Gegenseitiges Misstrauen und scharfe Rhetorik prägen den Diskurs. Der derzeit grösste Streitpunkt ist das Reservoir, das hinter dem Damm entstehen und 74 Milliarden Kubikmeter Wasser halten soll. Der See wird eine Fläche von 1874 Quadratkilometern abdecken - mehr als drei Mal so gross wie der Bodensee. Das Füllen des Reservoirs ist ein besonders heikles Thema. Denn je schneller dieser gefüllt wird, desto weniger Wasser fliesst in den Sudan und nach Ägypten.