Hunderte ausländische Dschihadisten in kurdischer Haft in Syrien

Rund 900 Dschihadisten befinden sich derzeit in Haft bei den syrischen Kurden. Doch sie erwartet kein Prozess und Rückführungen sind auch nicht zu erwarten.

Ein 25-jähriger Franzose muss für 30 Jahre ins Gefängnis, weil er des Doppelmordes und dreifachen versuchten Totschlags schuldig gesprochen wurde. (Symbolbild) - Pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Die syrischen Kurden halten rund 900 IS-Mitglieder und deren Familienangehörige fest.
  • Prozesse oder Rückführungen geschehen bei den Gefangenen aber kaum.

Die syrischen Kurden halten hunderte ausländische Kämpfer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Haft. Während der Irak den ausländischen Dschihadisten den Prozess macht, würden die syrischen Kurden die Extremisten gerne an ihre Heimatländer übergeben, damit sie dort vor Gericht gestellt werden. Ihre Herkunftsstaaten haben jedoch wenig Interesse, die radikalen Kämpfer zurückzunehmen, zumal oft unklar ist, ob sie für konkrete Verbrechen verurteilt und inhaftiert werden können.

Hunderte Gefangene

Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) halten nach eigenen Angaben 900 ausländische IS-Kämpfer aus 44 Ländern in Gefangenschaft – einige davon schon mehr als ein Jahr. Laut einem Bericht des «Kölner Stadt-Anzeigers» von Mai sind darunter auch 35 Deutsche. Unter ihnen ist Mohammed Haydar Zammar, der die Hamburger Zelle bei der Vorbereitung der Anschläge vom 11. September 2001 unterstützt haben soll.

Unter den kurdischen Gefangenen sind auch Alexandra Amon Kotey und El Shafee el-Sheikh, die zu einer Vierergruppe gehörten, die wegen ihres britischen Akzents «The Beatles» genannt wurden und wegen der Enthauptung westlicher Geiseln berüchtigt waren. Ebenfalls in Haft ist der Franzose Adrien Guihal, der im Juli 2016 das IS-Bekenntnis zum Anschlag von Nizza verlas. In vielen Fällen ist die Herkunft der Männer aber unklar, da sie keine Ausweise haben.

Frauen und Kinder

Zusätzlich zu den Männern halten die Kurden hunderte ihrer Familienangehörigen gefangen, darunter rund 550 Frauen und 1200 Kinder. Anders als die IS-Kämpfer werden sie nicht in Gefängnissen, sondern in Lagern festgehalten. Nach Angaben des Kurden-Vertreters Abdel Karim Omar haben die Frauen teils «vier Kinder von vier verschiedenen Männer, die jeweils aus einem anderen Land kommen». Oft ist die Nationalität der Kinder daher nicht leicht zu klären.

Keine Prozesse

Die Kurden lehnen es ab, den ausländischen Kämpfern den Prozess zu machen. «Sie sind sehr zahlreich. Es ist eine schwere Last, die wir nicht alleine schultern können», sagt der Kurden-Vertreter Omar. «Wir haben keine Todesstrafe. Wenn wir sie verurteilen, und sie ihre Strafe abgesessen haben, was dann?» Die Kurden versuchen daher Druck auf die Heimatländer auszuüben, dass sie ihre Bürger zurücknehmen, doch haben diese wenig Interesse daran.

Kaum Rückführungen

Während Russland, Indonesien und der Sudan laut Omar einige ihrer Bürger zurückgenommen haben, zumeist Frauen und Kinder, lehnen die meisten westlichen Länder dies ab. Auch Deutschland hat, soweit bekannt, keine IS-Kämpfer aus kurdischer Haft in Syrien aufgenommen. Frankreich besteht darauf, dass ihnen vor Ort der Prozess gemacht wird. Die USA haben im Juli zwei US-Bürger zurückgeholt, um sie vor Gericht zu bringen.

Verhandlungen

Während die Kurden die anderen Herkunftsländer zur Rücknahme ihrer Bürger drängen, haben sie es bisher vermieden, den Druck auf Frankreich und die USA zu erhöhen, wie ein kurdischer Kommandeur sagt. Die beiden Länder sind die wichtigsten Verbündeten der YPG-Miliz. Laut Kurden-Vertreter Omar gab es zuletzt Gespräche mit den Niederlanden, Dänemark und Kanada über eine Rücknahme; Kanada aber habe die Verhandlungen gestoppt.