«Nachdem ihr spendet»: Kenianerin tanzt vor Altkleider-Müllbergen
Mit dem Aufkommen von Fast Fashion häufen sich die Altkleider. Über Umwege landen wohl auch Altkleider aus der Schweiz auf afrikanischen Schock-Deponien.
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Instagram / @chemiteijanet - Kenianerin tanzt vor Müllbergen mit Altkleidern.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Grossteil der Altkleider landet zur Entsorgung in Ostafrika.
- Die Verbrennung auf offenen Deponien ist für Mensch und Umwelt fatal, warnen Aktivisten.
- Ein Altkleider-Sammler betont, nur an zertifizierte Händler zu exportieren.
- Aber: Die Lieferkette kann nicht vollständig überprüft werden.
Ein Schock-Video aus Kenia geht gerade viral. Darin zu sehen: Eine Frau, die vor Altkleiderdeponien zu peppiger Musik tanzt. Trotz giftiger Dämpfe, die die Verbrennung des Abfalls verursacht.
Dazu schreibt die Aktivistin Chemitei Janet mahnend: «Wo glaubt ihr, wo die Kleider landen, nachdem ihr sie spendet?»
Der Vorwurf ist nicht neu. Im Jahr 2022 dokumentierte Greenpeace diese bereits im Bericht «Vergiftete Geschenke». Damals kam raus: Nur ein kleiner Teil der Altkleiderspenden wird im Inland weiterverkauft.
Ein Teil wird zu minderwertigen Produkten wie Lumpen verarbeitet und mehr als die Hälfte wird zur «Wiederverwendung» exportiert. Meist nach Ost- und Westafrika sowie Osteuropa.
Am Beispiel Kenia zeigte sich damals: 40 Prozent der Textilien sind faktisch Abfall. Sie sind von schlechter Qualität, kaputt oder verschmutzt. Sie landen dort auf bereits überfüllten Mülldeponien. Greenpeace kam damals zum Schluss: Die Folgen für Mensch und Umwelt seien fatal.
Ultra-Fast-Fashion verschärft Altkleider-Problem
Hat sich die Lage nun verschlimmert? Die Organisation teilt auf Anfrage von Nau.ch mit, man habe keine aktuellen und konkreten Zahlen zu Altkleiderexporten nach Afrika. Sprecherin Michelle Sandmeier sagt: «Wir sehen allerdings auch keine Entwicklungen, die Anlass dazu geben würden, anzunehmen, dass sich das Problem verbessert.»
Im Gegenteil: «Die Entwicklung von Ultra-Fast-Fashion verschärft das Problem tendenziell. Insbesondere, weil die Kleider qualitativ so schlecht sind.» Hinzukomme, dass solche Billigprodukte oft schädliche Chemikalien enthalten. Zum Teil weit über den erlaubten Grenzwerten.
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«Landen diese Kleider vermehrt in der Umwelt oder werden auf offenen Feuern verbrannt, werden diese giftigen Chemikalien freigesetzt. Und schaden da der Umwelt, der Tierwelt und den Bewohnerinnen und Bewohnern», so Greenpeace.
Ein Unternehmen, das sich in der Schweiz um das Sammeln von Altkleidern kümmert, ist Texaid. Sprecherin Frauke Kehl bestätigt gegenüber Nau.ch: «In den vergangenen Jahren hat sich die Menge der von uns gesammelten Textilien stetig erhöht. Im Umkehrschluss hat sich die Qualität der gesammelten Textilien kontinuierlich verschlechtert – bedingt insbesondere durch den Aufstieg von Fast Fashion.»
Was unternimmt Texaid, dass minderwertige Ware nicht auf Deponien wie im Video aus Kenia landet?
«Allem voran ist unsere qualitativ hochwertige Sortierung entscheidend», so Kehl. «Damit nur brauchbare und an die lokalen Gegebenheiten angepasste Kleidung exportiert wird.» Regelmässige Qualitätskontrollen und die Zufriedenheit der Kunden würden dies bestätigen.
Altkleider-Sammler kann Lieferkette nicht vollständig verfolgen
Textaid stehe im direkten Austausch mit den Menschen vor Ort und beteilige sich an Beratungsprojekten zum Aufbau funktionierender Abfallwirtschaftssysteme. Zudem arbeite man aktiv am Aushandeln neuer Regularien auf EU-Ebene.
Das Unternehmen erklärt: «Wir exportieren ausschliesslich sortierte Ware an Verwerter, die über eine Bewilligung zur Verwertung von Abfällen im entsprechenden Abnehmerland verfügen.» Die Wertschöpfungskette sei aber sehr komplex und es könne vorkommen, dass die exportierte Ware an mehrere Zwischenhändler weiterverkauft werde.
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«Daher können wir die Exportströme bis zum endgültigen Bestimmungsort nicht exakt nachverfolgen», so Sprecherin Frauke Kehl. Zudem werde die gebrauchte Kleidung nach dem Tragen entsprechend den lokalen Gegebenheiten entsorgt. «Hierauf hat Texaid keinen Einfluss.»
Heisst übersetzt: Dass Schweizer Altkleider-Spenden über Umwege doch auf der kenianischen Schock-Deponie landen, kann nicht ausgeschlossen werden.