Ankara: Moskau soll in neue Waffenruhe in syrischer Provinz Idlib einwilligen
Die Türkei hat an Russland appelliert, in eine neue Waffenruhe in der nordsyrischen Provinz Idlib einzuwilligen.
Das Wichtigste in Kürze
- Aktivisten: Acht Zivilisten am Dienstag durch russische Angriffe getötet .
Die Bombardierungen in Idlib müssten «sofort» aufhören, sagte Regierungssprecher Ibrahim Kalin am Dienstag in Ankara. Nach seinen Angaben führen die Türkei und Russland weiterhin Gespräche über die Situation in Idlib. Eine türkische Delegation war am Montag nach Moskau gereist, um sich für eine Waffenruhe einzusetzen.
Zwar war bereits im September 2018 eine Waffenruhe für Idlib vereinbart worden. Im April begannen die Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad dann jedoch eine neue Offensive gegen die islamistischen Rebellen in der Provinz. In den vergangenen Wochen verstärkten die syrische Regierungsarmee und die mit ihnen verbündeten russischen Truppen die Luftangriffe in der Region. Dabei wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 280 Menschen getötet.
Allein am Dienstag wurden laut der Beobachtungsstelle in Idlib durch russische Luftangriffe mindestens acht Zivilisten getötet, darunter fünf Kinder. Den Aktivisten zufolge erfolgten die Angriffe im Dorf Dschubass nahe der Ortschaft Sarakeb. Die Todesopfer hatten demnach Zuflucht in einer Schule und ihrer Umgebung gesucht.
Die türkische Armee verfügt über zwölf Beobachtungsposten in Idlib. Sie waren auf Grundlage der Vereinbarung über die Waffenruhe vom September 2018 eingerichtet worden. Die Posten sollten eigentlich eine Offensive der syrischen Regierungstruppen in der Region verhindern.
Einer dieser türkischen Beobachtungsposten wurde nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte inzwischen von syrischen Regierungstruppen eingekreist. Die Truppen Assads hätten den türkischen Posten von Al-Surman umzingelt, erklärte der Chef der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahmane, am Montagabend.
Die oppositionsnahe Beobachtungsstelle mit Sitz in Grossbritannien bezieht ihre Informationen von Aktivisten vor Ort. Für Medien sind die Angaben meist kaum zu überprüfen.
Idlib sowie Teile der angrenzenden Provinzen Hama, Aleppo und Latakia werden von dem früheren Al-Kaida-Ableger HTS und anderen islamistischen Milizen kontrolliert. Assad ist entschlossen, die Region wieder unter seine Kontrolle zu bringen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warnte am Wochenende, dass infolge der syrisch-russischen Offensive in Idlib eine neue Flüchtlingskrise wie im Jahr 2015 drohe. Wenn die Flüchtlingszahlen weiter zunähmen, könne die Türkei «die Last nicht allein tragen», sagte er. Die Auswirkungen wären dann nach seinen Worten «in allen europäischen Ländern zu spüren». Erdogan bezifferte die Zahl der aus Idlib in Richtung Türkei fliehenden Menschen mit etwa 80.000.