Ex-Kanzler Kurz ist nun Parlamentarier
Nach Korruptionsvorwürfen hat Kurz das Kanzleramt niedergelegt. Nun geniesst er vorerst parlamentarische Immunität. Die Ermittler sind mit ihrer Untersuchungen jedenfalls noch lange nicht fertig.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach seinem Rücktritt als Österreichs Kanzler ist Sebastian Kurz als konservativer Fraktionschef ins Parlament gewechselt.
Der neu vereidigte Abgeordnete Kurz ging in seiner ersten Rede im Nationalrat nicht auf die Korruptionsermittlungen gegen ihn ein, sondern verteidigte während einer Budgetdebatte den Haushaltsentwurf der Regierung. Zuvor wehrte sich der ÖVP-Chef jedoch in einer Online-Botschaft erneut gegen die Vorwürfe. «Ich habe mir in meinem ganzen Leben noch nicht strafrechtlich irgendetwas zuschulden kommen lassen», sagte er.
Gegen den ehemaligen Regierungschef laufen zwei Ermittlungsverfahren. Zum einen untersucht die Staatsanwaltschaft den Verdacht einer Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss, der Korruption im öffentlichen Sektor untersuchte. Zum anderen gehen die Fahnder dem Verdacht nach, dass Kurz und sein Führungszirkel positive Medienberichte und geschönte Umfragen mit Steuergeld erkauft haben. Gegen insgesamt zehn Personen wird wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt.
Razzien im Kanzleramt und in der ÖVP-Zentrale lösten vorige Woche eine Regierungskrise aus. Die mitregierenden Grünen forderten ultimativ die Ablöse von Kurz. Am Montag wurde der bisherige Aussenminister Alexander Schallenberg als sein Nachfolger im Kanzleramt vereidigt. Bei der Wahl 2019 hatte Kurz einen Sitz im Nationalrat gewonnen, den er nun einnimmt. Damit er ins Parlament zurückkehren konnte, machte eine ÖVP-Abgeordnete Platz.
Kurz geniesst als Abgeordneter zunächst Immunität. Es wird aber damit gerechnet, dass die Staatsanwaltschaft bereits in den nächsten Tagen einen Auslieferungsantrag stellen wird. Dem kann das Parlament in einer der nächsten Sitzungen im November zustimmen.
Im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen wurde eine festgenommene Meinungsforscherin am Donnerstag wieder freigelassen, wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Sie wird verdächtigt, eine zentrale Rolle bei der Erstellung der Umfragen gespielt und dafür Scheinrechnungen an das Finanzministerium gestellt zu haben.
Die von Medien berichtete Gefahr einer Vertuschung wollte ein WKStA-Sprecher nicht als Grund ihrer Festnahme am Dienstag bestätigen. Sie sei freigelassen worden, da keine Haftgründe mehr vorlägen. Die Ermittlungen in der Affäre würden aber weiter laufen, sagte der Sprecher.
Der Verband der Markt- und Meinungsforschungsinstitute Österreichs (VdMI) distanzierte sich am Donnerstag von der Meinungsforscherin sowie von einem ehemaligen ÖVP-Regierungsmitglied, das früher selbst in der Meinungsforschung tätig war und zu den Verdächtigen gehört. «Der jetzt vorliegende mutmassliche Kriminalfall ist schockierend», sagte VdMI-Chefin Edith Jaksch in einer Stellungnahme. Die festgenommene Demoskopin sei wegen mangelnder Qualitätsstandards nicht in den Verband aufgenommen worden, während das Regierungsmitglied nie um Mitgliedschaft angesucht habe, sagte Jaksch der dpa.