Kilometerlanger Ölteppich bedroht Frankreichs Atlantikküste

Der Untergang des Frachters «Grande America» löst in Frankreich Unruhe und Sorge aus. Erinnerungen an frühere Schiffsunglücke werden wach. Auch Spanien könnte betroffen sein.

Das Containerschiff "Grande America" steht in Flammen im Golf von Biskaya vor der Westküste Frankreichs. Foto: Loic Bernardin/Marine Nationale/AP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Frankreich will nach dem Untergang des Containerschiffs «Grande America» in der Biskaya mit allen Mitteln eine Ölkatastrophe an seiner Atlantikküste verhindern.

«Wir bereiten uns vor», versicherte Umweltminister François de Rugy am Donnerstag.

Der im Atlantik treibende Ölteppich könnte seiner Einschätzung nach bereits am Sonntag oder Montag die französische Westküste erreichen, die im Sommer zahlreiche in- und ausländische Touristen anzieht. «Wir sind mit einer Ölverschmutzung konfrontiert, die früher oder später unsere Küsten erreichen wird», sagte er dem Sender Public Sénat.

Der unter italienischer Flagge fahrende Frachter war am Dienstag nach einem tagelangen Brand rund 300 Kilometer vor der französischen Küste untergegangen. Das Schiff hatte zuletzt in Hamburg Station gemacht.

Es bildete sich ein etwa zehn Kilometer langer und ein Kilometer breiter Ölteppich. Es würden Spezialschiffe zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung eingesetzt, sagte der Ressortchef dem Sender BFMTV. «Wenn wir es (das Schweröl) auf dem Meer abpumpen können, werden wir es machen.» Das Öl stammt demnach aus den Treibstofftanks des Frachters.

De Rugy nannte als gefährdete Regionen das Département Charente-Maritime mit der Hafenstadt La Rochelle und das Département Gironde, in dessen Mitte Bordeaux liegt. Er schloss nicht aus, dass das Öl auch an die spanische Biskaya-Küste gelangen könnte.

De Rugy wies gleichzeitig auf die schwierigen Wetterbedingungen hin. In der Biskaya fege ein starker Westwind. Nun solle aus der Luft beobachtet werden, wohin das Öl treibe. Er sprach auch von einem möglichen Einsatz eines Unterwasser-Roboters, um zu überprüfen, ob das 4500 Meter tief liegende Wrack Risse aufweise.

Die zuständige Meerespräfektur in Brest hatte mitgeteilt, dass auch die Europäische Agentur für die See-Sicherheit im Kampf gegen die Verschmutzung eingeschaltet wurde.

Die Westküste Frankreichs zieht im Sommer viele Touristen an, beliebt sind La Rochelle, die Sandstrände der Vendée oder die Insel Île d'Oléron. Im nahe der spanischen Grenze liegenden Badeort Biarritz will Präsident Emmanuel Macron im August den Gipfel der sieben grossen Industrieländer (G7) ausrichten.

In Frankreich wurden Erinnerungen an frühere Schiffskatastrophen wach. Im Dezember 1999 löste der Schiffbruch des Tankers «Erika» im Ärmelkanal eine riesige Ölkatastrophe aus. Im März 1978 war der Tanker «Amoco Cadiz» in der Bretagne auf Grund gelaufen. Experten sagten, die Tankerkatastrophen seien nicht dem Untergang des italienischen Frachters vergleichbar, da damals viel mehr Öl ausgelaufen sei.

Das gesunkene italienische Schiff hatte Gefahrgut an Bord. Der Inhalt von 45 Containern werde als gefährlich eingestuft, hatte Meerespräfektur mitgeteilt. Die «Grande America» hatte rund 2200 Tonnen Schweröl an Bord, wie der Sender Franceinfo berichtete. Das 214 Meter lange Schiff, das auch rund 2000 Fahrzeuge transportierte, hatte zuletzt starke Schlagseite bekommen.

Ein Sprecher der Umweltorganisation Robin des Bois kündigte im Sender Franceinfo an, seine Organisation wolle in den kommenden Tagen im Fall der «Grande America» Klage gegen Unbekannt einreichen.

Nach Angaben der Präfektur waren 27 Menschen an Bord des Schiffes, sie wurden vom britischen Kriegsschiff «HMS Argyll» gerettet. Das Schiff war auf dem Weg nach Casablanca in Marokko.