Immer mehr Frauen übernehmen die Macht in der Mafia
Frauen steigen in der Mafia auf und prägen die Organisation. Experten wie Roberto Saviano beleuchten die neuen Machtverhältnisse.

Die Mafia galt lange als reine Männerdomäne. Doch aktuelle Recherchen zeigen: Frauen übernehmen immer öfter Führungsrollen in den berüchtigten Clans.
Der italienische Mafia-Experte Roberto Saviano beschreibt, wie sich diese Entwicklung vollzieht und welche Konsequenzen sie für die Organisation hat. Wie «SRF» berichtet, sind Frauen heute nicht nur Mitwisserinnen, sondern auch Täterinnen, Chefinnen und Kronzeuginnen.

Saviano beleuchtet in seinem neuen Buch, wie Frauen die Strukturen der Mafia verändern und welche Erwartungen an sie gestellt werden.
Frauen zwischen Tradition und Macht
Roberto Saviano beschreibt, dass Frauen in Mafia-Familien schon immer einem enormen Erwartungsdruck ausgesetzt sind:
Sie sollen Kinder gebären, Loyalität zeigen und ihre Kinder für den Clan einspannen.
Zudem galt eine schwangere Frau sinngemäss als Trophäe eines Mafiosos. Ist sie hingegen nicht dazu in der Lage, entehrt sie ihren Ehemann.
Frauen als Indikator für Ansehen
Ein Beispiel ist Vincenzina Marchese, die nach mehreren Fehlgeburten und gesellschaftlichem Druck Suizid beging. Sie war mit einem weltweit gesuchten Boss der Cosa Nostra verheiratet.
Ein Mafiaboss mit einer unfruchtbaren Ehefrau verliert laut Saviano nämlich an Ansehen im Clan. Zudem werden Frauen dazu angehalten, ihre Kinder so zu erziehen, dass sie nützliche Berufe für die Organisation wählen.
So sind etwa Berufe wie Anwalt oder Politiker gern gesehen. Mütter würden also vermehrt dafür sorgen, ihre Söhne vordergründig mit einer weissen Weste auszustatten.
Frauen an der Spitze
Frauen übernehmen jedoch heute in der neapolitanischen Camorra eine viel grössere Rolle ein:
«Frauen haben hier im Drogenhandel mit Südamerika eine zentrale Rolle übernommen. Sie stehen heute an der Spitze der grossen Kartelle», so laut Saviano.
Stirbt der Ehemann oder sitzt er im Gefängnis, übernehmen sie die Befehlsgewalt, erteilen Mordaufträge. Zur Waffe selbst greifen tun sie aber selten.
Kronzeuginnen brechen das Schweigen
Immer mehr Frauen sind allerdings nicht mehr bereit, die Erwartungen der Mafia zu erfüllen. Sie sagen gegen den Clan aus und hoffen auf Schutz durch die Justiz.
Die Justiz geht daher davon aus, dass Frauen alles wissen. Viele Kronzeuginnen leben zudem unter neuer Identität und zahlen einen hohen Preis für ihre Aussagen.
Saviano berichtet darüber hinaus, dass viele Kronzeuginnen Reue zeigen. Jedoch nicht wegen eines moralischen Dilemmas, sondern weil sie Angst haben, zu sterben.
Experten fordern neue Strategien im Kampf gegen die Mafia
Strafverfolgungsbehörden und Experten sehen in der wachsenden Bedeutung der Frauen eine Chance und eine Herausforderung zugleich. Die Justiz müsse neue Wege finden, um Kronzeuginnen zu schützen und die Strukturen der Mafia zu durchdringen.
Wie «SRF» berichtet, ist die Mafia nämlich längst eine international agierende Organisation, in der Frauen an Einfluss gewinnen.

Der Preis für Aufklärung bleibt jedoch hoch, wie Saviano selbst erfahren hat: Er lebt seit Jahren unter Polizeischutz und führt ein abgeschottetes Leben.
Wandel in den Mafia-Strukturen
Die Mafia passt ihre Strukturen laufend an gesellschaftliche Veränderungen an. Frauen sind heute nicht mehr nur Randfiguren, sondern prägen die Organisation entscheidend mit.
Experten wie Saviano liefern mit ihren Recherchen daher wertvolle Einblicke in eine Welt, die sich im Wandel befindet.