In der SPD wächst Widerstand gegen grosse Koalition
Die SPD hadert massiv mit einer erneuten grossen Koalition. Führende Genossen wollen lieber eine Minderheitsregierung, bei der Kanzlerin Angela Merkel sich aber für jedes Projekt Mehrheiten suchen muss.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Donnerstag hatte der SPD-Bundesparteitag in Berlin beschlossen, ergebnisoffen in Gespräche mit der Union zu gehen.
- Gegen eine Grosse Koalition sprechen sich jedoch einige führende Genossen aus.
- Die Spitzen von Union und SPD treffen sich am kommenden Mittwoch in Berlin zu ersten Gesprächen.
In der SPD wachsen vor den Gesprächen mit der Union die Vorbehalte gegen eine erneute grosse Koalition. Die neue stellvertretende SPD-Vorsitzende und Landeschefin in Bayern, Natascha Kohnen, sagte der «Passauer Neuen Presse»: «Ich plädiere dafür, andere Wege als eine Neuauflage von Schwarz-Rot zu suchen.»
Die SPD müsse mutig sein. «Dazu gehört es, intensiv über eine Minderheitsregierung zu diskutieren und uns nicht einfach wieder vor den Karren von Bundeskanzlerin Angela Merkel spannen zu lassen.» Dabei müsste sich Merkel aber für jedes Projekt Mehrheiten im Bundestag suchen - die Kanzlerin lehnt das als zu unsicher ab.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hält die Tolerierung einer CDU/CSU-Minderheitsregierung durch die SPD für die beste Lösung. Dreyer, die mit dem besten aller Ergebnisse vom Parteitag zur Bundesvize aufgestiegen ist, sagte der «Allgemeinen Zeitung Mainz»: «Ich präferiere nach wie vor ein Tolerierungsmodell.»
Sie könne sich sehr gut vorstellen, mit der Union einen Tolerierungsvertrag über Politikfelder zu schliessen, auf denen eine breite Stimmenmehrheit unerlässlich sei, zum Beispiel über Europa-Themen und die Aussenpolitik.
Am Ende sollen die rund 440 000 SPD-Mitglieder per Briefwahl über einen möglichen Koalitionsvertrag abstimmen, das könnte zwei bis drei Wochen dauern und rund zwei Millionen Euro kosten. Es wird damit gerechnet, dass eine Regierung nicht vor März stehen könnte.