Lkw-Tragödie in London: Mutter eines Opfers erhielt SMS-Nachricht
Einige der Toten, welche in London in einem Lkw gefunden wurden, könnten Vietnamesen sein. Ein Opfer soll ihrer Mutter vor ihrem Tod eine SMS geschickt haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Einige der Opfer der Lkw-Tragödie in London könnten aus dem Vietnam stammen.
- Eines der Opfer schrieb kurz offenbar vor ihrem Tod eine Nachricht an ihre Mutter.
Eine Familie aus Vietnam hat offenbar einen Anruf zum Tod ihres Sohnes erhalten. Dies sagte Nguyen Dinh Gia, der Vater des Opfers am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Am Freitag hatte bereits eine andere vietnamesische Familie Befürchtungen geäussert, dass eine Angehörige unter den Toten ist. Die Ermittler waren zunächst davon ausgegangen, dass alle Opfer aus China stammten.
Nguyen sagte AFP, sein 20-jähriger Sohn habe sich seit 2018 illegal in Frankreich aufgehalten. Er wollte für rund 12'600 Euro nach Grossbritannien weiterreisen, um dort in einem Nagelstudio zu arbeiten. Vor einigen Tagen habe der Vater dann einen Anruf von einem Vietnamesen erhalten. Dieser bat ihn um «Verständnis» und sagte, dass etwas «Unerwartetes passiert» sei.
Er sei aber nicht sicher gewesen, wer der Anrufer überhaupt war und ob es sich um einen Schleuser gehandelt habe. Er habe nun kaum noch Hoffnung, dass sein Sohn am Leben sei.
«Ich bin sicher, dass er tot ist. Aber ich versuche, das eine Prozent an Hoffnung zu behalten, dass er noch lebt.» Dies sagte der Mann über seinen Sohn.
Opfer in Lkw schrieb SMS an Mutter
Nguyen bat die vietnamesischen Behörden um Hilfe bei der Identifizierung seines Sohns. Von Kontaktpersonen in Grossbritannien erfuhr er, dass der 20-Jährige Paris am Nachmittag des 21. Oktobers verlassen habe – zwei Tage vor dem grausigen Fund der Leichen nahe London.
Am Freitag hatte bereits der Vietnamese Pham Manh Cuong davon berichtet, dass seine Schwester unter den Toten sein könnte. Nach seinen Angaben war die 26-Jährige Anfang Oktober aus Vietnam nach Grossbritannien aufgebrochen.
Am Dienstagabend habe sie dann ihrer Mutter eine verzweifelte SMS geschickt.
«Es tut mir leid, Mama. Mein Weg ins Ausland hat keinen Erfolg. Mama, ich liebe Dich so sehr! Ich sterbe, weil ich nicht atmen kann.»
Pham sagte AFP, die SMS sei echt und wenige Stunden vor dem Leichenfund am Mittwochmorgen abgeschickt worden. Auch aus vietnamesischen Sicherheitskreisen hiess es, unter den 39 Toten könnten vietnamesische Staatsangehörige sein.
Ein Sprecher der vietnamesischen Botschaft in London sagte zudem, die diplomatische Vertretung sei von einer vietnamesischen Familie kontaktiert worden. Sie vermisse ihre Tochter seit der Entdeckung des Lastwagens.
Die Familie gibt an, Schleppern 30'000 Pfund (rund 38'000 Franken) gezahlt zu haben, um ihre Tochter nach Grossbritannien zu bringen. Ein Menschenrechtsbeauftragter, der mit der Familie sprach, sagte, sie habe mit Schulden zu kämpfen gehabt. Das schreibt die «Daily Mail».
Gefälschte Dokumente
Die beiden mutmasslichen Opfer könnten bei der Reise nach Grossbritannien gefälschte chinesische Pässe bei sich getragen haben. Sie stammen aus der verarmten Provinz Ha Tinh im Zentrum des Landes, aus der viele illegale Migranten kommen.
Viele zahlten für ihre Reise mit gefälschten Dokumenten zehntausende Euro. Dies in der Hoffnung, vor allem in Grossbritannien in Nagelstudios oder auf Cannabisfarmen arbeiten zu können.
Die 39 Leichen waren am Mittwochmorgen in einem Industriegebiet östlich von London in einem Lkw-Kühlcontainer entdeckt worden. Die Polizei nahm Ermittlungen wegen Mordes auf, vier Verdächtige wurden festgenommen.