Notre-Dame hütet viele Schätze
Dramatische Stunden in Paris - ein Flammenmeer verwüstet die Kathedrale Notre-Dame. Dank beherzter Helfer können Schätze unermesslichen Wertes in Sicherheit gebracht werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Dornenkrone und der Waffenrock des Heiligen Ludwig - das sind die wohl bedeutendsten Reliquien der Pariser Kathedrale Notre-Dame.
Bei der Dornenkrone soll es sich um jene handeln, die römische Soldaten Jesus Christus vor seiner Kreuzigung auf sein Haupt gesetzt haben.
Die Krone wurde bei dem verheerenden Brand des Gotteshauses schon am Montagabend gerettet und ins nahe gelegenen Pariser Rathaus gebracht. Ebenso wie der symbolträchtige Waffenrock des Heiligen Ludwigs und Königs von Frankreich. Der Kapetinger-Herrscher, der mit nur zwölf Jahren zum König gekrönt wurde, galt zu Lebzeiten als frommer Regent. Er brachte 1239 die Dornenkrone nach Paris.
Auch wenn Kulturminister Franck Riester einen Tag nach der verheerenden Brandkatastrophe im Herzen der Hauptstadt mit tiefen Sorgenfalten vor die Kameras tritt, kann er doch verkünden, dass auch die drei weltberühmten Rosenfenster wohl «keinen katastrophalen Schaden» erlitten haben.
Die jahrhundertealten Fenster versinnbildlichen die Blumen des Paradieses. Sie wurden im 13. Jahrhundert erschaffen und seitdem mehrmals renoviert. Zwei der Rosenfenster haben einen Durchmesser von 13 Metern. In der Mitte der drei Glasfenster sind jeweils die Jungfrau Maria, das Jesuskind und Christus abgebildet.
Und was ist mit den grossen Ölgemälden in der Kathedrale? Sie haben wohl eher einen Rauch- als einen Brandschaden erlitten, resümiert Ressortchef Riester. «Sie können wohl von Freitag an aus Notre-Dame abtransportiert werden.» Sie sollen ins Louvre-Museum, zur Restaurierung. Wie Innen-Staatssekretär Laurent Nuñez betont, muss die stark zerstörte Kathedrale erst abgesichert werden, bevor der Kunst-Transport beginnen kann.
Riester erwähnt explizit die «Mays». Dabei handelt es sich um grossformatige Ölgemälde, die zwischen 1630 Und 1707 von der Zunft der Goldschmiede zu Ehren der Jungfrau Maria der Kathedrale geschenkt wurden. Von den insgesamt 76 Bildern hing zum Zeitpunkt des Brands ein gutes Dutzend in Seitenkapellen des Hauptschiffs, darunter «Die Heimsuchung Mariä» des Künstlers Jean Jouvenet, ein Meisterwerk des 18. Jahrhunderts, sowie «Thomas von Aquin am Brunnen der Weisheit» von Antoine Nicolas.
Die Kathedrale besitzt mehrere Orgeln, wobei die Hauptorgel auf der Westempore zu den grössten und bekanntesten weltweit gehört. Sie hat über 100 Register und fast 8000 Pfeifen. Zwischen 2012 und 2014 wurde sie umfassend restauriert, einige Teilen stammen noch aus dem 18. Jahrhundert. Mit ihrem Bau wurde im 15. Jahrhundert begonnen. Die Nachrichtenagentur AFP berichtete unter Berufung auf den langjährigen Organisten der Kathedrale, Philippe Lefèvre, dass die grosse Orgel zwar nicht gebrannt habe, aber nun von Schutt und Staub bedeckt sei.
Zu den Skulpturen im Kirchenraum zählen allein 37 Statuen der Jungfrau Maria. Als eine der schönsten gilt «Die Jungfrau mit dem Kind». Sie wurde Mitte des 14. Jahrhunderts realisiert. Ebenso bemerkenswert ist die monumentale marmorne Skulptur des Bildhauers Nicolas Coustou. Die Pietà wurde von Ludwig XIV. in Auftrag gegeben und zeigt die Jungfrau Maria, auf deren Knien der leblose Körper von Jesus Christus liegt.
Im Südturm hängt die berühmte Glocke «Emmanuel», die die wohlklingendste Glocke Frankreichs sein soll. Der sogenannte «Grand Bourdon» ist die grösste Glocke der Notre-Dame und wurde vor mehr als 300 Jahren gegossen. Sie erklingt nur zu höchsten Festtagen wie Weihnachten und Ostern und zu besonderen Anlässen.
Sie hat als einzige Glocke des Gotteshauses die Wirren der Zeit und vor allem die Französische Revolution unbeschadet überstanden. Das Kircheninnere der Notre-Dame wurde während der Revolution von 1789 gezielt zerstört. Vieles wurde danach neu geschaffen.