Pokrowsk: Das ist die aktuelle Lage

Die russischen Streitkräfte haben in einer weitreichenden Offensive ihre Positionen in der Nähe von Pokrowsk, einem äusserst wichtigen strategischen Knotenpunkt in der Ostukraine, ausgebaut. Die Stadt, vormals Timhaus von 60'000 Menschen, fungiert als zentraler Versorgungs- und Eisenbahnverteilungsknotenpunkt für die ukrainischen Streitkräfte entlang einer breiten Frontlinie, wie es die Analysegruppe Frontelligence Insight in ihren Berichten verdeutlicht hat.

Anstatt zusätzliche Brigaden zur Verstärkung der Front bei Pokrowsk zu senden, hat die ukrainische Führung einen Teil ihrer Truppen in der russischen Oblast Kursk stationiert. Einige Beobachter wurden durch diesen Schachzug überrascht und vermuten, dass dieser Umzug dazu diente, russische Regimenter aus dem Osten zu locken und damit den Druck auf Pokrowsk zu verringern.

Russland versucht mittlerweile immer noch, Pokrowsk zu erobern und lässt dabei keine Ressourcen ungenutzt. Die russische Offensive hat nach der ukrainischen Invasion von Kursk nicht nur weiter zugenommen, sondern auch an Dynamik gewonnen. «Obwohl wir erwartet hatten, dass die Stadt Nowohrodiwka in den kommenden Tagen von den russischen Streitkräften eingenommen wird», so das pro-ukrainische Conflict Intelligence Team (CIT), «hat der Vormarsch der russischen Streitkräfte unsere Erwartungen übertroffen und sich nicht verlangsamt, sondern sogar beschleunigt.»

Die ukrainischen Brigaden, die Pokrowsk verteidigen, sind laut CIT etwa zwei zu eins unterlegen. Ohne zusätzliche Unterstützung könnten sie bald gezwungen sein, Pokrowsk aufzugeben. «Sollte die ukrainische Führung keine Massnahmen zur Stabilisierung der Situation ergreifen», warnte das CIT, «könnten die russischen Streitkräfte innerhalb weniger Wochen am Stadtrand von Pokrowsk stehen, anstatt erst in einigen Monaten, wie wir bisher angenommen haben.»

Nicht nur das Schicksal von Pokrowsk ist bedrohlich, auch die Logistik der gesamten Region wird durch die Kontrolle über die Stadt massgeblich beeinträchtigt. Zudem wäre der Fall von Pokrowsk ein wichtiger Schritt in Richtung einer vollständigen Besetzung des Gebiets Donezk durch die russischen Truppen.

Die ukrainische Führung hat mehrere Optionen, die Linie zu stabilisieren, darunter die Entsendung neu gebildeter Brigaden, die Verlegung von Truppen aus den Gebieten Kursk und Charkiw oder der Abzug von Bataillonen von stabileren Fronten“, erklärte Frontelligence Insight. Ob diese Schritte ergriffen werden, bleibt jedoch abzuwarten.

Es ist eine immense Aufgabe, die Ukraine steht vor der Herausforderung, das strategisch wichtige Pokrowsk zu verteidigen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die russischen Streitkräfte, wenn sie erst einmal die Kontrolle über Pokrowsk übernommen haben, ihre Offensive in Richtung Dnipro fortsetzen könnten. Ein solcher Vorstoss würde die Liste der von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine erweitern, ein Szenario, das die politischen Auswirkungen des Konflikts erheblich verschärfen würde.

Eine optimistische Sicht wäre, diese Verzweiflungssituation erfolgreich umzukehren. Der Generalstab in Kiew findet Kräfte, die die Linie vor Pokrowsk stärken und könnte sie dazu nutzen, die russischen Brigaden und Regimenter so lange auszubluten, bis sie ihren Vormarsch einfach nicht mehr aufrechterhalten können.

Anzumerken ist, dass Russland im Osten jeden Tag Hunderte von Menschen und Dutzende von Fahrzeugen verliert. Dem ukrainischen Verteidigungsstrategiezentrum zufolge haben die Feinde in Richtung Pokrowsk in der fünften Woche ein Rekordhoch erreicht.

Trotz der Herausforderungen bleibt die Zukunft von Pokrowsk weiterhin ungewiss. Wie gut die Verteidigungsanstrengungen der Ukraine sein werden und ob Russland weiter vorrücken wird, bleibt abzuwarten. Was jedoch klar ist, ist die grosse strategische Bedeutung von Pokrowsk für beide Seiten in diesem Konflikt.